Gottes überraschende Wege
Predigt am 22. Mai 2016 zu Römer 11,33-36
O welche Tiefe des Reichtums,
beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!
Wie unbegreiflich sind seine Gerichte
und unerforschlich seine Wege!
Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen?
Oder wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergelten müsste?
Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.
Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen
Paulus ist so voller Jubel und Lobpreis, dass man am liebsten gleich mit einstimmen möchte. So vieles bringen seine Worte in uns zum Klingen. Aber Paulus stellt auch fest, dass Gottes Wege manchmal nicht so ganz zu verstehen sind.
Er hat gerade drei Kapitel lang über den Weg Israels nachgedacht. Israel was das zentrale Projekt Gottes.
An diesem Projekt hat er Jahrhunderte gearbeitet und jetzt waren sie soweit, dass Jesus unter ihnen geboren werden konnte. Aber mindestens das offizielle Israel, die führenden Schichten, haben ihn abgelehnt.
Stattdessen erlebt Paulus wie ausgerechnet unter den Heiden der Same des Evangeliums auf fruchtbaren Boden fällt.
Und er fragt sich: Warum erkennen meine Leute nicht, dass Jesus der angekündigte Messias ist, Gottes Sohn? Natürlich gibt es Ausnahmen, aber es geht doch um das gesamte jüdische Volk. Ausgewählt von Gott selbst leben sie schon fast 2000 Jahre mit ihm. Aber diesen letzten Schritt, den Weg Jesu, den gehen sie als Volk nicht mit.
Dafür erlebt Paulus aber, dass Heiden diesen Weg gehen. Die kannten bis dahin nur irgendwelche Pseudogötter, Aberglauben, Philosophien – alles Mögliche durcheinander. Doch jetzt gibt es viele Heiden, die zum Glauben finden, Jünger Jesu werden. Paulus will das verstehen, er sucht nach dem Sinn des Ganzen. Wieso solch eine Entwicklung? Was ist Gottes Plan?
Das Herz wird Paulus weh getan haben. Wünscht er sich doch das Allerbeste für sein Volk. Er selber tut doch auch alles, um die gute Nachricht von Jesus zu verbreiten. Aber immer wieder hat er voller Schmerz erlebt, wie die Menschen seines Volkes seinen Weg zu Jesus nicht mitgegangen sind. Und er selber wurde angefeindet, gehasst und verfolgt. Er hätte sich jetzt verbittert zurückziehen können, er hätte mit Gott hadern und ihn anklagen können, weil er das alles geschehen lässt.
Aber genau das Gegenteil passiert: Paulus lobt Gott für seine unerforschlichen Wege und Entscheidungen.
Er muss nicht in der Tiefe verstehen was hier gerade passiert. Er vertraut auf Gott. Er weiß, Gott hat alle Möglichkeiten. Ja, Gottes Wege sind unerforschlich, aber Paulus weiß: diese Wege werden nie in Dunkelheit und Verderben führen.
An Jesus erkennt er: Gott hat Gedanken des Friedens und der Liebe für uns. Da gibt es nichts Dunkles oder Böses. Gott hat uns ja nicht als Marionetten geschaffen, nicht als fremdgesteuerte Roboter, sondern als Partner, als Personen mit eigenen Willen. Und so können Menschen sich auch von ihm abwenden.
Wenn das passiert macht uns das traurig. So wie Paulus traurig darüber ist, dass das jüdische Volk nicht zu Jesus gehören will. Auch wir haben Menschen vor Augen, für die wir uns so sehr wünschen, dass sie Jesus für sich entdecken. Aber manchmal ist es eben anders. Gott will uns als echte Partner, die aus freiem Willen ja zu ihm sagen. Und dazu gehört auch die Möglichkeit, dass wir „Nein“ sagen.
Als Paulus darüber nachdenkt, erkennt er: Gott liebt uns so sehr, dass er auch dieses „Nein“ aushält – obwohl er sich doch so sehr nach uns sehnt. Er erkennt: aus lauter Liebe hat Gott uns mit einem freien Willen ausgestattet. Aus lauter Liebe hält Gott zu seinem auserwählten Volk – obwohl die es ihm nicht gerade leicht gemacht haben. Aus lauter Liebe hat Gott seinen Sohn zu uns gesandt, obwohl er wusste, welche Mühen und welches Leiden ihn hier erwarteten.
Diese Erkenntnis erfüllt Paulus ganzes Denken und Fühlen. Der Lobpreis sprudelt nur so aus ihm heraus: Gottes Liebe ist so unermesslich groß, dass es auch noch unser „Nein“ zu ihm umschließt. Wir können „Nein“ sagen zu Gott – dank Gott, der uns so geschaffen hat. Aber ich vertrau darauf, dass Gottes Liebe viel, viel stärker ist als dieses Nein und das ganze „ohne Gott leben wollen“.
Gott wird uns nach Hause lieben. Jesu machtvolle Liebe wird uns alle zurückbringen. Die Liebe ist das Stärkste und Gott wird uns und die Welt mit seiner Liebe besiegen. Nicht Draufhauen und Strafen werden es zurechtrücken, sondern die Liebe Gottes.
Wie das alles gehen soll? Keine Ahnung. Paulus schreibt ja: wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege. Auch wir wissen es nicht. Aber wir kennen Gottes Herz! Lasst uns das nicht vergessen. Wenn rings um uns Krieg und Tod, Hunger und Elend, Krankheit, Dummheit, Kurzsichtigkeit und Hass ihre wilde Herrschaft führen, dann ist es unsere Aufgabe zu erinnern und zu rufen: Gott ist stärker! Er ist der Herr und in ihm ist die Macht der Liebe! Gott liebt seine Schöpfung und seine Geschöpfe. Darum umschließt uns Gott mit seiner Liebe auch dann, wenn wir auf völlig falschen Wegen unterwegs sind.
Das zu wissen macht es nicht leichter, das Böse zu ertragen, es wird dadurch nicht harmloser oder weniger böse. Wie oft hört man die verzweifelte Frage: warum lässt Gott das zu? Die Antwort ist: Gott lässt uns freie Hand. Aber hinein in unsere Trauer und Verzweiflung über das Böse in der Welt sagt Paulus: von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.
Alles kommt von Gott und existiert nur durch ihn und geht auf ihn zu. Und nichts und niemand hat die Chance, jemals anders zu leben. An Gott kommt niemand vorbei. Früher oder später wird jeder Mensch zur Rechenschaft gezogen. Gottes Liebe umschließt alles. Und wir dürfen gewiss sein, selbst wenn Chaos und Zerstörung toben: Gott ist stärker und er wird diese Mächte in die Schranken weisen. Aber wie das geschehen soll, das ist ebenso ein Geheimnis wie der rätselhafte Weg Israels.
Von diesem festen Punkt aus, von der Gewissheit der grenzenlosen Liebe Gottes her, versucht Paulus zu verstehen, weshalb das jüdische Volk, das Lieblingsvolk Gottes, sich nicht als Ganzes Jesus zuwendet. Und er beginnt zu erkennen und das Geheimnis zu verstehen: das Evangelium muss erst einen langen Weg machen, bis es am Ende auch Israel erreicht. Durch die Ablehnung im jüdischen Volk kommt die Botschaft stattdessen erst zu den Heiden. Und so erreicht sie noch viel mehr Menschen.
Paulus hat davon erst die Anfänge miterlebt. Wir sehen heute viel mehr, wie sich die christliche Botschaft durch die Welt bewegt hat und wie viele Menschen sich ihr angeschlossen haben. Gottes Wege sind unerforschlich – wie Recht Paulus doch hat. Und eines ist sicher: alles was Gott tut, tut er aus Liebe.
Das sieht man auch an Paulus selbst. Er war doch ein großer Gegner der Jesusanhänger. Ein wildes Feuer brannte in ihm, die ersten Christen zu verfolgen und zu vernichten. Auf dem Weg nach Damaskus hätte Gott ihn tot umfallen lassen können. Aber Gott schlägt nicht einfach zurück. Auf spektakuläre Weise stellt sich Jesus ihm in den Weg und aus Saulus dem Christenjäger wird Paulus, der Kämpfer für Gottes Sache.
Gott hat Ideen und Wege, die wir uns kaum vorstellen können. Aber wir kennen Gottes Herz, das voller Liebe ist. Das sehen wir am jüdischen Volk, das „Nein“ sagt zu Jesus. Gott liebt sie auch mit diesem „Nein“. Er wird einen Plan für sie haben. Das sehen wir an Paulus. Nicht seine Vernichtung ist Gottes Plan, sondern ein Sinneswandel um 180°.
Das sehen wir an der Schöpfung, die so wunderbar gestaltet ist. Was hat Gott sich nicht alles ausgedacht, welch ein Reichtum an Ideen. Das sehen wir an uns. Gott beschenkt uns mit seinem Segen, mit Schönheit, Freude und Liebe. Gott ist verliebt in das Leben. Gott ist Liebe. Das lässt er uns immer wieder spüren. Dafür lasst uns danken und mit einstimmen in den Lobpreis von Paulus.
Jetzt etwas moderner formuliert aus der Volxbibel:
Wie cool ist Gott doch unterwegs!
Wie gigantisch groß sind seine Möglichkeiten!
Wie rätselhaft seine Entscheidungen!
Es ist unmöglich, wirklich voll zu checken, warum er bestimmte Sachen einfach tut!
Wer kann schon wirklich seine Denke durchschauen?
Wer sollte sein Lehrer werden können?
Wer ist eingeweiht in seine Pläne?
Wer hat Gott schon mal zu viel gegeben,
dass der Schulden bei ihm hätte?
Absolut alles ist von ihm gemacht worden,
alles kann auch nur existieren, weil es ihn gibt,
und alles existiert nur, damit er dadurch groß rauskommt.
Er soll den Applaus bekommen, jetzt und immer wieder neu! Ja! So soll es ablaufen!