Trauma – eine Wunde in der Seele
Besonderer Gottesdienst am 14. März 2010 mit Predigt zu Markus 5,1-15
Einführung:
Trauma kommt aus dem Griechischen und heißt auf Deutsch einfach »Wunde«. Das kann eine Verletzung des Körpers bedeuten; aber meistens ist damit eine Wunde in der Seele gemeint, eine Wunde, die nicht heilen will. Menschen haben etwas erlebt, was ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen hat, und danach konnten sie nicht einfach wieder zurück in das alte Leben, das vor dem Trauma war. Leiden wurde zu einem Zustand, der nicht vergeht.
Vieles kann zum Anlass für ein Trauma werden: eine Familie wird von einem Einbruch überrascht, eine Mutter verliert ihr neugeborenes Kind, ein Feuerwehrmann erlebt einen Einsatz mit Schwerverletzten, ein Kind wächst auf in einer Atmosphäre von Gewalt; und dann gehört auch die Gewalt dazu, die Menschen im Zusammenhang von Kriegen und Bürgerkriegen erleben. Und jedes Mal wird die Sicherheit in Frage gestellt, in der wir normalerweise leben. Wir rechnen eben nicht damit, dass wir nach Hause kommen und die Wohnung ist durchwühlt. Wir rechnen nicht damit, dass wir wir von einem Moment zum anderen mit Tod oder Verwundung konfrontiert sind. Und wenn das doch passiert, dann kann das unsere Sicherheit so stark in Frage stellen, dass wir uns danach nicht mehr gut im Leben zu recht finden.
Wir denken in diesem Gottesdienst über solche Ereignisse nach, Beispiele von Menschen, die Schlimmes erlebt haben. Und wir werden miteinander überlegen, welchen Schutz es gibt. Denn es gibt Menschen, die schon von kleinen Dingen aus der Bahn geworfen werden, und andere erleben Schreckliches und bleiben trotzdem gesund. Es kommt auch hier wieder darauf an, wie Menschen reagieren. Wir sind all dem nicht schutzlos ausgeliefert. Wir werden sehen, wie auch unter ganz schwierigen Umständen Menschen doch wieder Hoffnung finden können.
Jesus hat immer wieder mit traumatisierten Menschen zu tun gehabt. Wenn man nämlich in den Evangelien liest, dass er Menschen von bösen Geistern befreit hat, dann kann man annehmen, dass viele davon durch Gewalterfahrungen traumatisiert waren. Es waren Menschen, die nicht mehr zu Hause in ihrer eigenen Person waren, sondern verletzt, bedrückt oder beinahe ganz zerstört von Gewalt. Und für die Menschen in Jesu Zeit gehörte es zu den beeindruckendsten Erfahrungen mit ihm, wenn sie erlebten, dass er solche traumatisierten Menschen zurückholen konnte in ein heiles Leben. Und auch darüber werden wir eine Geschichte hören.
Im weiteren Verlauf des Gottesdienstes folgte die Theaterszene »Trauma – eine Wunde in der Seele«
Predigt:
Die Predigt bezog sich auf den folgenden Text:
1 So kamen Jesus und seine Jünger in das Gebiet der Gerasener am gegenüberliegenden Ufer des Sees. 2 Jesus war kaum aus dem Boot gestiegen, als ihm aus den Grabhöhlen ein Mann entgegenlief, der von einem bösen Geist besessen war. 3 Er hauste dort in den Grabhöhlen, und niemand war mehr in der Lage, ihn zu bändigen, nicht einmal mit Ketten. 4 Man hatte ihn zwar schon oft an Händen und Füßen gefesselt, doch jedes Mal hatte er die Ketten zerrissen und die Fußfesseln zerrieben; keiner wurde mehr Herr über ihn. 5 Tag und Nacht war er ununterbrochen in den Grabhöhlen oder auf den Bergen und schrie und schlug mit Steinen auf sich ein. 6 Kaum hatte dieser Mann Jesus von weitem erblickt, kam er herbeigerannt und warf sich vor ihm auf die Knie. 7 Er schrie mit lauter Stimme: »Was willst du von mir, Jesus, Sohn Gottes, des Allerhöchsten? Ich beschwöre dich bei Gott: Quäle mich nicht!« 8 Denn Jesus war ihm sofort mit den Worten entgegengetreten: »Verlass diesen Menschen, du böser Geist!« 9 Nun fragte ihn Jesus: »Wie heißt du? – »Ich heiße Legion«, antwortete er, »denn wir sind viele.« 10 Und er flehte Jesus an, sie nicht aus jener Gegend fortzuschicken. 11 Nicht weit von dort weidete am Berghang eine große Herde Schweine. 12 »Lass uns doch in die Schweine fahren!«, baten die Dämonen. 13 Jesus erlaubte es ihnen, und die bösen Geister verließen den Mann und fuhren in die Schweine. Da stürzte sich die ganze Herde – etwa zweitausend Tiere – den Abhang hinunter in den See und ertrank. 14 Die Schweinehirten liefen davon und berichteten alles in der Stadt und in den Dörfern. Die Leute machten sich auf den Weg, um mit eigenen Augen zu sehen, was geschehen war. 15 Als sie zu Jesus kamen, sahen sie den Besessenen bei ihm. Der Mann, in dem die Legion Dämonen gewesen war, saß jetzt da, bekleidet und bei klarem Verstand.
Nachdem wir diese Beispiele gesehen haben und hoffentlich ein wenig ein Gespür dafür bekommen haben, was es bedeutet, wenn ein Mensch traumatisiert ist, will ich jetzt etwas sagen zu der Frage: was passiert da eigentlich? Warum ist das so? Was ist eigentlich ein Trauma?
Wir alle erleben immer wieder schmerzhafte oder angstvolle Augenblicke. Das können sehr schlimme Erlebnisse sein: der plötzliche Verlust eines sehr eng vertrauten Menschen, ein Unfall, oder auch wenn jemand für lange Zeit Mobbing oder Schlimmerem ausgesetzt ist. Viele Menschen haben im Krieg schreckliche Dinge erlebt, auch in unserem Land. Aber davon werden wir nicht automatisch traumatisiert. Es gibt keine Regel dafür, ab wann man traumatisiert wird und was man normalerweise gerade noch wegstecken kann.
Ein Trauma entsteht dann, wenn unsere Selbstheilungskräfte nicht ausreichen, um die Verletzung auszugleichen. Nicht nur der Körper hat ja Abwehrkräfte, um Schäden zu begrenzen, auch die Seele hat so ein eigenes Reparatursystem, und so lange das funktioniert, kommen wir auch mit schlimmen Erlebnissen zurecht. Wir schlafen ein paar Nächte schlecht, wir denken darüber nach, was uns bei dem Unfall noch hätte passieren können und was wir falsch gemacht haben, wir besuchen das Grab eines verstorbenen Familienmitglieds und weinen dort, wir stellen ein Foto auf, wir fahren nach Polen und schauen uns das Dorf an, aus dem unsere Familie damals vertrieben worden ist, wir erzählen anderen davon, manche schreiben Bücher über ihre Erfahrungen. Und langsam wird aus dem schlimmen Ereignis ein Teil unserer Lebensgeschichte. Es ist keine schöne Erinnerung, es tut vielleicht ein Leben lang weh, daran zu denken, aber wir sagen uns: ich habe es ja überlebt, und vielleicht habe ich jetzt auch etwas gelernt. Und irgendwann ist die Trauerzeit vorbei, irgendwann hört das Grübeln auf und wir schauen wieder nach vorne und das Leben geht weiter. So machen wir das, wenn unsere Selbstheilungskräfte stark genug sind. Und normalerweise funktioniert das. Menschen sind ziemlich robust. Wie hätten unsere Vorfahren sonst überleben können, in einer Welt, wo sie dauernd von Hunger und wilden Tieren bedroht waren, wo jede Geburt eine Frau in Lebensgefahr bringen konnte?
Aber: was ist, wenn das Unglück einfach zu schlimm ist, und wenn unsere Selbstheilungskräfte zu schwach und überfordert sind? Was ist, wenn wir keine Zeit haben, ein Unglück zu überwinden, weil gleich danach das nächste kommt? Wenn wir in unseren Gedanken so verwirrt sind, dass wir überhaupt nicht wissen, wie wir das alles einordnen sollen?
Das ist ja das Schlimme, wenn Kinder in der Familie oder in einem Heim oder einem Internat missbraucht oder misshandelt werden genau von den Menschen, bei denen sie eigentlich Schutz und Hilfe finden sollten. Wenn Eltern, Priester, Lehrer oder andere Personen, die eigentlich für das Gute und die Hilfe stehen sollten, ihre Macht missbrauchen, dann ist ein Kind völlig orientierungslos und gibt sich womöglich selbst die Schuld.
Was macht unsere Seele, wenn wir etwas erleben, das so schlimm ist, dass unsere Selbstheilungskräfte einfach nicht mehr ausreichen? Dann schaltet die Seele das Notprogramm ein. Sie spaltet diese Erlebnisse ab und verbannt sie in irgendeinen hinteren Winkel der Seele.
Kurzzeitig ist das sogar eine gesunde Reaktion. Wir wissen alle, dass wir manchmal nach einer Verletzung zuerst gar keinen Schmerz spüren. Menschen steigen nach einem Unfall aus dem Auto und realisieren gar nicht, dass sie bluten oder gebrochene Knochen haben, sie laufen rum und helfen vielleicht noch anderen, und im Nachhinein sagen sie: ich habe irgendwie funktioniert wie ein Roboter. Ich habe gar nicht gemerkt, was mit mir los war. Oder wenn Sie an die erste Szene denken: der Mann hatte damals als Junge dieses schreckliche Bild einfach zur Seite geschoben und sich das Polizeiauto zeigen lassen.
Das ist eine sinnvolle Reaktion auf einen akuten Notfall. Aber wenn es dabei bleibt, weil wir von dem Schrecklichen, was wir erleben, einfach überwältigt werden, und wenn da kein Mensch ist, der unser Vertrauen in die Welt stärkt, dann zahlen wir einen hohen Preis für dieses Notprogramm. Dann bleibt die Erinnerung lebendig und lauert irgendwo in unserer Seele. Und es braucht nur einen kleinen Auslöser, ein Bild, einen Brandgeruch, das Tatü-Tata der Martinshörner, ein Knall, der wie ein Schuss klingt, und alles ist wieder da. Auf einmal ist man in dieser Szene drin, sie wird nicht Vergangenheit, sondern sie bleibt eine quälende Gegenwart, die man nicht los wird. Sie verfolgt Menschen bis in ihre Träume. Und das legt sich über das ganze Leben: manche greifen zu Alkohol oder Drogen, um das auszuhalten. Andere erzählen immer und immer wieder davon und kommen doch nicht auf den Punkt, weil sie das Entscheidende nicht über die Lippen bringen. Manche setzen sich nie wieder hinter das Steuer oder verlassen ihren Wohnort nicht mehr. Manche werden selbst gewalttätig und geben ihr Trauma an die nächste Generation weiter.
Man versteht vieles auch in der Weltgeschichte besser, wenn man bedenkt, dass auch ganze Völker traumatisiert werden können. Wir hier in Deutschland haben vor über 350 Jahren den dreißigjährigen Krieg erlebt, eine schreckliche Epoche voller grausamer Gewalt und Plünderung und Zerstörung, und es hat mindestens 100 Jahre gedauert, bis wir das einigermaßen überwunden hatten. Was die Generation unserer Eltern und Großeltern im zweiten Weltkrieg erlebt hat, das prägt uns bis heute. Ein Mann, der sich beruflich sehr mit diesen Fragen beschäftigt, hat mir mal gesagt: Deutschland ist ein traumatisiertes Land. Es gibt in keinem anderen Land so viele Versicherungen wie bei uns. Wir versichern uns gegen alles und jedes, und alles wird genauestens geregelt, und man kann das verstehen als Reaktion auf diese Erfahrungen von extremer Unsicherheit und Zerstörung in unserer Geschichte.
Jedes Mal hat es unsere Seele nicht geschafft, die schrecklichen Erlebnisse draußen zu lassen, sondern sie sind in uns eingedrungen und leben in uns weiter. Erst ist uns von außen etwas angetan worden, aber dann ist es in uns hinein gekommen, es wohnt in uns und setzt sein Zerstörungswerk in uns fort, in unserer Seele, und wir brauchen dauernd Kraft, um uns dagegen zu stemmen, Kraft, die wir eigentlich brauchen, um das Leben zu bestehen, aber da fehlt sie uns dann. Denn wir selbst sind zu einem Kampffeld geworden zwischen den Mächten des Todes und der Kraft des Lebens.
Wir haben vorhin in der Lesung eine sehr erhellende Geschichte von Jesus gehört, wie er einem Menschen begegnet, in dessen Leben sich die Zerstörung schon sehr weit ausgebreitet hatte. Der Mann lebte in den Grabhöhlen, es zog ihn hin zu diesen Orten des Todes, er war nackt und hatte seine Würde verloren, er verletzte sich selbst und er war gewalttätig anderen gegenüber. Große Teile seines Lebens waren schon unter die Herrschaft der Zerstörungsmächte geraten. Aber irgendetwas in ihm war noch gesund, und das suchte dringend Hilfe, und deshalb kam er zu Jesus, und gleichzeitig schrien die Zerstörungsmächte in ihm: hau ab, lass uns in Ruhe. Er war das Bild eines völlig zerrissenen Menschen.
Lassen Sie uns das festhalten: das Ziel all dieser Zerstörungen ist es, uns in unserer Person zu zerbrechen. Wir sind zum Bild Gottes geschaffen, und aus uns soll die Karikatur eines Menschen werden. Das Bild Gottes in uns soll verzerrt und zerstört werden. Darum geht der Kampf.
Und dann fragt Jesus die bösen Kräfte nach ihrem Namen. Alles, was einen Namen hat, dazu kann man sich verhalten, was einen Namen trägt, das ist nicht mehr so ungreifbar und unheimlich. Wenn Sie sich an den Film aus dem Irak erinnern, wo die Jugendlichen diese schrecklichen Szenen von der Auslöschung ganzer Familien spielen und dafür Beifall kriegen, und wir fragen uns: wie kann man mit Kindern und Jugendlichen so etwas Schreckliches nachspielen? Aber das hilft ihnen, weil sie da anschauen können, was ihnen angetan wurde, weil es einen Namen bekommt, weil es nicht mehr eine diffuse Bedrohung ist, sondern ein klares Bild; kein dunkles Unheil, vor dem man noch nicht mal mehr weglaufen kann, sondern eine Geschichte, die man erzählen kann, wenn auch unter Schmerzen und Tränen.
Und so fragt Jesus die Dämonen nach ihrem Namen, und sofort wird die Sache klarer. »Legion« heißen die Dämonen. Genauso wie die römischen Legionen, die damals Israel unterworfen hatten. Genau dort am See Genezareth hatten sie ein Massaker angerichtet. Ein Geschichtsschreiber jener Tage erzählt davon, wie sich das Wasser des Sees blutrot färbte von den unzähligen Menschen, die dort am Ufer zu Tode kamen. Kann es sein, dass der Mann, der zu Jesus gelaufen kam, ein Überlebender dieses Massakers war, der vielleicht stundenlang schwer verletzt inmitten der Leichen gelegen hat, bis es vorbei war und er irgendwie überlebte, schwer verletzt am Körper und beinahe zerstört in seiner Seele von all dem Grauenhaften, was er miterlebt hat? Und all die Gewalt ist in ihn eingedrungen und lebt weiter in ihm setzt ihr Zerstörungswerk fort?
Klar, das sind alles nur Vermutungen. Aber Fakt ist, dass die Zerstörungskräfte den Namen der römischen Besatzungsmacht trugen. Und so war auch der Mann ein besetztes Gebiet, beinahe ganz unterworfen von den lebensfeindlichen Mächten.
Aber wenn diese bösen Mächte einen Namen haben, das ist der Anfang der Befreiung. Der Mann kann das nicht selber, dazu ist er schon zu geschwächt, aber er kann zu Jesus kommen, und Jesus führt dann diesen Kampf stellvertretend für den Mann. Und weil in Jesus das Leben selbst präsent ist, deshalb kann er die Todesmächte vertreiben. Die kommen nicht gegen ihn an, und am Ende sitzt der Mann sauber und bekleidet bei Jesus. Er hat seine Würde zurückgewonnen und er ist Teil der neuen Welt geworden, die in Jesus und seiner Gemeinschaft begonnen hat. Der Kampf ist gewonnen, weil das Leben stärker war als der Tod. Aber das ging nur, weil die letzten Lebenskräfte in dem Mann alles auf eine Karte gesetzt haben und ihn zu Jesus gebracht haben, dorthin, wo er dem Leben in seiner stärksten Form begegnete.
Was hilft traumatisierten Menschen in ihrem Leid? Es muss einmal einen Ort geben, an dem sie sicher sind. Deswegen fahren die irakischen Jugendlichen hoch in die kurdischen Berge, dahin, wo es so etwas wie eine friedliche Oase in einem Land voller Gewalt gibt. Raus aus einem Alltag voller Unsicherheit und Angst, und wenn es nur für 10 Tage ist, damit sie wieder merken, dass es auch noch etwas anderes gibt.
Und dann brauchen sie Menschen, die ihnen zuhören und ihnen helfen, sich vorsichtig ihren Erlebnissen zu nähern. Ihnen wenigstens ein Stück weit helfen, alles zu verarbeiten, damit es Vergangenheit werden kann. Menschen, die ihnen helfen, all dem einen Namen zu geben. Und wer das macht, der nimmt dieses Schicksal ein Stück weit selbst auf sich. Therapeuten, die mit Folteropfern arbeiten oder mit missbrauchten Kindern, die sind selbst in Gefahr, dass sich die Erlebnisse, von denen sie hören, in ihnen festsetzen. Das ist harte und schwere Arbeit. So wie die junge Frau in dem Film am Ende selbst nur noch weinen konnte über das, was ihrem Volk und den Kindern angetan wird. Wir haben zum Glück inzwischen auch bei uns im Landkreis eine Praxis, in der Therapien für traumatisierte Menschen angeboten werden.
Und wenn es gut geht, dann erobern sich Menschen Stück für Stück ihre Persönlichkeit zurück und vertreiben den Tod und die Zerstörung aus ihrer Seele. Aber sie brauchen dazu diesen Nachschub von neuem Leben, sie brauchen jemanden, der ihnen hilft, das Vertrauen ins Leben zurückzugewinnen. Es ist so wichtig, dass Menschen sagen können: ich habe Schlimmes erlebt, aber ich lasse mir mein Weltbild nicht von den Todesmächten bestimmen. Ich weiß, dass die entscheidende Wirklichkeit hinter der Welt trotz allem Bösen die Liebe Gottes ist. Ich weiß das, weil ich ihr in Jesus begegnet bin und in der Gemeinschaft, die er gegründet hat.
Versteht ihr, es ist so entscheidend, dass Menschen wenigstens die Ahnung davon haben, dass die grausame Wirklichkeit, die sie erleben, nicht alles ist, sondern dass es die Alternative gibt. Ja, natürlich kann man fragen, was es nützt, wenn diese Jugendlichen 10 Tage ohne Angst in den Bergen verbringen können und danach doch wieder zurück nach Bagdad müssen, wo Menschen entführt werden und jeden Tag Bomben hochgehen. Aber sie haben 10 Tage lang erfahren, dass es auch ein andere Leben gibt. Sie haben gelernt, dass man auch anders auf Gewalt reagieren kann, als sich selbst oder anderen neue Gewalt anzutun. Und vielleicht geben ihnen diese 10 Tage mehr Klarheit als uns hier in Deutschland 10 Jahre geben, in denen wir in ruhiger Sicherheit leben und fernsehen und unseren kleinen Beschäftigungen nachgehen. Wenn das Leben so dunkel ist, dann ist jeder kleine Stern, an dem man orientieren kann, eine Kostbarkeit, die andere gar nicht ermessen können.
Es ist kein Zufall, dass dieses Programm im Irak anscheinend von christlichen Gemeinden getragen wird. Dafür sind Gemeinden da: Orte zu sein, wo man dem Leben und der Freiheit begegnen kann, die bei Jesus in Reinkultur zu finden waren. Jesus ist gekommen, um die Schöpfung zu befreien und uns in eine Bewegung hineinzurufen, die sein Werk fortsetzt. Es geht nicht in erster Linie darum, unsere Bedürfnisse und Nöte zu stillen, sondern wir sollen Freunde der Freiheit werden und ein sicherer Ort, wo Menschen neues Vertrauen ins Leben gewinnen können.
Und das wird für uns der beste Schutz vor der Zerstörung sein. Je mehr wir erleben, wie wir etwas bewegen und verändern können, um so stärker werden wir und um so widerstandsfähiger, wenn das Böse in uns eindringen will. Wenn ich bei der Feuerwehr Schulungen zu diesem Thema mache, dann sage ich denen immer: ihr müsst nicht so viel Angst haben, ihr kommt in so eine Situation, weil ihr euch entschieden habt zu helfen, und das schützt euch. Der beste Schutz gegen die Zerstörung ist es, wenn wir uns aktiv mit dem Leben verbinden. Jesus war so fest mit dem Leben und der Liebe Gottes verbunden, dass nichts ihn und seinen Vater auseinander bekommen hat. Auch nicht sein Tod am Kreuz.
Und mehr als alles andere brauchen traumatisierte Menschen andere, die so viel Vertrauen ins Leben haben, dass sie gemeinsam mit ihnen durch die schrecklichen Erlebnisse der Vergangenheit gehen, mit ihnen gemeinsam die schrecklichen Bilder anschauen und ihnen so deutlich machen: du kannst es wagen, dem Leben wieder zu vertrauen. Mitten in aller therapeutischen Kunst geht es immer wieder darum, das Vertrauen ins Leben zu stärken, und das Vertrauen in den Schöpfer des Lebens, der Jesus gesandt hat, um uns zu befreien aus der Hand der Todesgewalten.
Lieber Walter Färber,
herzlichen Dank für diesen wunderbaren und praxisnahen Artikel. Heute morgen hatte ich den Impuls „Jesus und Trauma“ in die Suchmaschine einzugeben und bin bei Ihrem Artikel gelandet. Ich habe jeden Satz genossen! Als Traumaberaterin und Coach ist es mir ein Anliegen, das Wissen über Trauma und dessen Folgen den Menschen nahe zu bringen. So habe ich schon länger die Vermutung, dass Jesus viel mit traumatisierten Menschen zu tun hatte und sie geheilt hat. Durch Ihren Artikel habe ich dafür nun eine Resonanz gefunden, die mein Feld erweitert hat. Es ist wichtig, den Glauben als Ressource zu nutzen und so kann ich christlichen Menschen noch bessere Unterstützung gemäß ihrem Glauben anbieten.
Nochmals vielen Dank und herzliche Grüße,
Martina Schäfer
Liebe Martina Schäfer, das freut mich natürlich sehr, und ich wünsche Ihnen eine gesegnete Arbeit mit denen, die Sie begleiten!