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Seit Beginn dieses Jahres habe ich mich auf die kontemplativen Übungen nach Franz Jalics eingelassen und lasse euch hier an meinen Erfahrungen teilhaben:
4. Januar
Mein zweiter Tag in der Natur. Es liegt Schnee und es ist wieder sehr kalt. Die Beobachtungsmöglichkeiten sind eingeschränkt. Ich gehe an einer Baumreihe entlang und schaue die Baumrinde an. Ich habe nicht gewusst, wie vielfältig Baumrinde ist. Wie die gleiche Grundstruktur immer wieder variiert wird. Die Natur ist von einer Vielfalt, an die unsere Produktionen nicht heranreichen. Ältere menschliche Produkte (z. B. alte Häuser oder Möbel) spiegeln davon aber meist noch mehr wieder als moderne Produkte mit ihren glatten Plastikoberflächen. Oh, schon wieder ins Analysieren und Deuten geraten. Na gut, ich muss sowieso weitergehen, sonst frieren mir die Füße ein.
Die wichtigste Entdeckung heute: es ist nicht (wie ich vorher befürchtet hatte) langweilig. Schauen tut gut. Ich ahne, dass es da wirklich etwas geben könnte, was meine Aufmerksamkeit anzieht – und schön ist.
5. Januar
Heute ist es noch etwas kälter. Die Sicht ist sehr klar, der Himmel pastellfarben. Die geschwungene Reihe der Bäume an der Fuhse kenne ich nun schon. Ich schaue zu, wie es langsam dunkel wird, der Himmel stahlblau. Ich schweife mit den Gedanken weniger ab. Zwischendurch erkunde ich aber einen zugefrorenen Sumpf, der im Sommer unzugänglich ist. Das ist ein Rückfall in die Naturforscher-Mentalität.
6. Januar
Heute gehe ich mal auf das alte Hüttengelände, das inzwischen von der Natur teilweise zurückerobert ist. Das ist ein Fehler. Diese Mischung aus Verfall und traurigen Pflanzen wirkt niederdrückend. Außerdem sind da immer wieder Menschen, und mit denen kann man nicht nicht kommunizieren (Watzlawick). Dazu ist es (gefühlt) noch kälter geworden, und irgendwie scheuert der Schuh heute meine Ferse auf. Nach einer halben Stunde gehe ich nach Hause.
7. Januar
Es ist immer noch kalt und unsere Heizung fällt aus. Ich warte auf den Installateur und gehe nicht raus.
8. Januar
Heute fiel mir wieder auf, wie sehr die Spuren menschlicher Aktivitäten die Ästhetik stören. Selbst die Kondensstreifen der Flugzeuge, die am klaren Himmel haufenweise zu sehen sind, sind viel zu gerade. Das passt nicht. Von all dem Gerümpel in der Landschaft ganz zu schweigen. Ich bin verunsichert. Werde ich jetzt Ästhet? Dummerweise denke ich auch dauernd daran, was ich bloggen könnte. Das stört ebenso wie die Kälte, die immer noch ganz schön kalt ist.
9. Januar
Eine 3/4 Stunde in den Wiesen. Langsam geht mein Urlaub zu Ende. Ich merke, wie sich mehr und mehr die Arbeit, die auf mich wartet, wieder in meine Gedanken einschleicht. Werde ich die Übungen auch im „Normalbetrieb“ durchhalten können?
Immerhin ist es jetzt weniger kalt.
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