Überrascht von Hoffnung
Predigt am 20. April 2008 zu Epheser 5,14
Dieser Besondere Gottesdienst begann mit einer kurzen Folge von Szenen, in denen Konfirmanden Begegnungen der Jünger mit dem auferstandenen Jesus zwischen Ostern und Himmelfahrt nachspielten.
Wenn Sie noch einmal zurückdenken an die Szenen mit dem auferstandenen Jesus, die wir am Anfang gesehen haben: erst nach und nach verstanden die Jünger, was für ein revolutionärer Wandel durch die Auferstehung passiert war. Nein, es ist kein Gespenst. Nein, es ist keine Einbildung unserer übererregten Gehirne. Nein, Jesus hat nicht irgendwie doch die Kreuzigung heil überlebt.
Nein, Jesus ist auferstanden. Er ist jetzt lebendiger, als er es je gewesen ist. Er hat den Tod schon hinter sich, er ist drüben, auf der anderen Seite, in der neuen Welt Gottes, die nur darauf wartet, durch tausend Spalten und Ritzen in unsere Welt hineinzukommen. Sein Auferstehungsleib trägt noch die Spuren der Kreuzigung, aber er ist schon neu, realer und stärker als je zuvor.
An so einen Gedanken muss man sich erst gewöhnen. Deshalb erschien Jesus den Jüngern 40 Tage lang immer wieder, damit sie das wirklich glaubten und sich nicht im Rückblick einredeten, sie seien einem Phantom zum Opfer gefallen. Aber vierzig Tage, das ist lange genug, da kann man eine neue Lage so weit in seine Gedanken aufnehmen, dass man sie nicht mehr für ein Hirngespinst hält.
Und die Jünger hatten wirklich Zeit nötig, um zu verstehen, was da passiert war. Als Juden glaubten sie an die Auferstehung der Toten am Jüngsten Tag. Dann würde ein Erzengel die Posaune blasen, die Toten würden auferstehen und Gott würde alles neu machen. Aber als ihnen Jesu an Ostern und danach begegnete, da dämmerte ihnen nach und nach, dass ein Stück von dieser Neuschöpfung Gottes schon begonnen hatte. Die Zukunft, die sie in irgendeiner unendlichen Ferne vermutet hatten, diese Zukunft hatte schon begonnen, und zwar in ihrem Leben. Aus der neuen Welt Gottes war ein heller Lichtschein in ihr Leben hineingefallen. In einem späteren christlichen Lied, das Paulus im Epheserbrief (5,14) zitiert, heißt es deshalb:
»Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten! Dann wird Christus sein Licht über dir leuchten lassen.«
Die Botschaft ist: schlag die Augen auf und sieh, dass der erste helle Schimmer am Horizont erschienen ist und bereite alles vor für einen hellen Tag! Eigentlich ist es ja noch Nacht, aber für dich leuchtet schon das Licht des kommenden Tages. Und jetzt fang an, dafür zu sorgen, dass es noch mehr von solchen Lichtpunkten in der Welt gibt, wo die neue Schöpfung jetzt schon begonnen hat. Fang an, die Welt mit anderen Augen zu sehen und dich entsprechend zu verhalten. Es ist nicht einfach, solche tiefsitzenden Vorstellungen hinter sich zu lassen, mit denen wir bisher ganz selbstverständlich gelebt haben. Deswegen brauchen wir eine Zeit, um uns umzugewöhnen. Wir müssten eigentlich die ganze Zeit zwischen Ostern und Pfingsten als so eine Umkehr- und Umgewöhnungszeit begehen, damit wir uns daran gewöhnen, dass wir eben nicht mehr in einer Welt leben, in der der Tod regiert. Und jeder Sonntag soll so ein Tag sein, wo wir ins Licht der Auferstehung stellen, damit wir uns daran erinnern, wie die Welt in Wirklichkeit aussieht. Unser Verhalten ist von unserem Weltbild geprägt, selbst dann, wenn wir eigentlich wissen, dass sich die Verhältnisse inzwischen geändert haben. Aber wir fallen immer wieder in die gewohnten Vorstellungen zurück.
Wahrscheinlich kennen ja einige die Geschichte von dem Geschäftsmann, der mit dem Taxi vom Flughafen zum Hotel unterwegs war, und zwischendurch fällt ihm ein, dass sie ja einen kleinen Umweg machen könnten und die Straße am Meer entlang fahren, wo die Aussicht viel schöner ist. Also tippt er dem Taxifahrer auf die Schulter, weil er ihm sagen will, dass sie bitte am Meer entlang fahren sollen. Aber kaum hat er den Mann berührt, da schreit der auf, verliert die Kontrolle über das Fahrzeug, verfehlt knapp einen entgegenkommenden Bus, schießt über den Gehsteig und kommt wenige Zentimeter vor einem Schaufenster zum Stehen. Für ein paar Sekunden ist alles ruhig, dann schreit der Taxifahrer laut los: »Machen Sie das nie wieder! Sie haben mich ja zu Tode erschreckt!« Der Fahrgast ist ganz baff und sagt: »Entschuldigung, aber ich dachte, als Taxifahrer sind Sie gewöhnt, dass Ihnen mal einer auf die Schulter tippt.« »Naja« sagt der Fahrer, »ist vielleicht auch meine Schuld. Eigentlich bin ich gar kein Taxifahrer, ich bin heute nur für einen Freund eingesprungen. Normalerweise fahre ich Leichenwagen.«
Was wir gewohnt sind, das prägt unsere Reaktionen. Wenn wir in einer Umgebung leben, die vom Tod geprägt ist, dann ist Auferstehung erschreckend, weil damit alles durcheinander kommt. Deshalb haben die Jünger zuerst gefürchtet, dass Jesus eine Art Zombie wäre, als er ihnen nach seinem Tod begegnete, und der Taxifahrer interpretiert so ein Tippen als eine kalte Hand aus dem Sarg.
Aber dieses christliche Lied aus dem 1. Jahrhundert sagt:
»Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten! Dann wird Christus sein Licht über dir leuchten lassen.«
Mach die Augen auf und sieh, dass die Welt jetzt anders ist. In der Taufe bist du mit diesem Auferstehungsleben Jesu verbunden worden, und jetzt erinnere dich wieder daran und erneuere dein Weltbild. Sieh die Welt im Licht Jesu, im Licht der kommenden Welt, das schon durch alle Ritzen hineinkommt, wie das Tageslicht auch durch fest zugezogenen Gardinen trotzdem irgendwie ins Zimmer sickert. Und wenn du dich daran gewöhnt hast, die Welt in diesem Licht zu sehen, dann wirst du auch ganz anders durch die Welt gehen. Und dann wird dieses Licht an dir sichtbar werden.
Ich möchte Ihnen das jetzt einmal zeigen. Hier (an der Decke waren zwei Halogenscheinwerfer befestigt, die jetzt angeschaltet wurden) fällt das Licht genau von oben in die Welt hinein. Das ist natürlich ein Bild, aber so ein Bild kann uns die Dinge oft viel klarer machen. Deswegen benutzt die Bibel so oft Bilder. Aber wie können Sie überhaupt das Licht von da hinten sehen? Weil hier etwas ist, was dieses Licht widerspiegelt, der Taufstein z.B. Oder die Oberfläche des Lesepultes.
Und jetzt brauche ich eine Versuchsperson. Wer kommt hierher nach vorne und stellt sich in das Licht, damit wir noch etwas mehr sehen können? Danke!
Merken Sie? Sofort können wir viel mehr von dem Licht sehen, weil ein Mensch es widerspiegelt. Und so wird das Licht der Auferstehung in der Welt sichtbar, weil Menschen in dieses Licht hineintreten und davon hell werden. Und gleichzeitig werden hier Menschen in einem ganz anderen Licht sichtbar. Es ist der gleiche Mensch, aber in einem ganz anderen Licht.
Auch man selbst erlebt sich da anders. Vielleicht sehen wir anderen das deutlicher, aber auch man selbst merkt das, wenn man so ins Licht gerät. Deshalb nehmen ja manche im dunklen Winter extra ein Lichtbad, damit sie nicht so deprimiert sind. Und auch das ist ein Bild für das, was mit uns passiert, wenn wir ins Licht der Auferstehung kommen. Und das ist heute nicht nur für unsere beiden mutigen Versuchspersonen, sondern wenn Sie möchten, dann kommen Sie jetzt und fühlen selbst mal, wie das ist, ins Licht der Auferstehung zu geraten. Und wer nicht hier nach vorn kommt, der kann schauen, wie das aussieht, wenn Menschen ins Licht geraten. Also kommen Sie und probieren Sie, wie es ist, wenn das Licht der Auferstehung in unser Leben fällt! Wir werden dabei auch etwas Musik hören.
Liebe Freunde, darum geht es bei der Auferstehung Jesu, dass an uns etwas von dem Licht der kommenden Welt sichtbar wird, und dass wir selbst uns auch in diesem Licht sehen. Die anderen sehen das vollständiger, aber wir merken das auch. Deswegen gibt es eine alte Bezeichnung für das christliche Leben: im Licht wandeln. Stellen Sie sich vor, dass dieser Scheinwerfer hier nicht fest montiert ist, sondern dass er mit Ihnen mitgeht und dass das Licht der Auferstehung auf Ihr ganzes Leben fällt. Und dieses Licht gibt Ihnen ein anderes Lebensgefühl und es macht auch in einem gewissen Bereich um uns herum die Welt heller. Das heißt im Licht wandeln. Gott macht die Welt hell. Er hat schon damit angefangen, und wir sollen dabei sein. Halten Sie das fest und erinnern Sie sich daran: wir sind getauft, wir sind mit der Auferstehung Jesu verbunden, damit wir im Licht wandeln. Damit das Licht der kommenden Welt jetzt schon sichtbar wird, mitten unter uns, mitten im Leben.