Gieriges Geld

Besonderer Gottesdienst am 18. Oktober 2015 mit Predigt zu Lukas 11,5-10

Gieriges Geld

»Gieriges Geld« ist diesmal der Titel unseres Besonderen Gottesdienstes. Und das ist gleich auch die Frage: Kann es sein, dass Geld gierig ist? Kann ein Ding wie Geld geradezu menschliche Eigenschaften haben? Sind es nicht eher die gierigen Banker, die uns immer wieder in Krisen hineintreiben und dafür noch hohe Bonuszahlungen kassieren?

Geld ist noch gar nicht so alt
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22mil, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Das ist eine ganz frühe Goldmünze. Man merkt, dass die Prägung noch etwas ungelenk ist, man hat damals noch geübt, wie man Münzen am besten herstellt. Münzgeld ist in der Menschheitsgeschichte eine vergleichsweise junge Erfindung. Die Kunst des Schreibens z.B. ist viel älter. Geld wurde erst um 600 vor Christus erfunden, in Kleinasien. Merkwürdigerweise übrigens gleichzeitig auch in Indien und China, aber das nur am Rande.

Der größte Teil Kleinasiens gehörte damals zum Königreich Lydien, und es war reich an Gold. An der Küste lagen aber griechische Kolonien, und es sind oft diese Grenzen zwischen den Kulturen, wo neue Dinge entstehen. Wo Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammentreffen, da ist das Selbstverständliche plötzlich nicht mehr für alle selbstverständlich. Und dann müssen sie noch einmal ganz neu darüber nachdenken, was denn gelten soll. Man kann alte Ideen neu kombinieren, und so entsteht Neues.

Es war die Stadt Milet, die als erste griechische Stadt eigene Münzen herausgegeben haben soll. Man kann sich vorstellen, dass damit auch Abgaben nach Lydien bezahlt wurden. Der letzte König von Lydien war der berühmte Krösus, der bis heute sprichwörtlich für seinen Reichtum ist. Das hat sicher an der Erfindung des Geldes gelegen: so konnte er bei seinen Untertanen viel effektiver Steuern eintreiben und bei abhängigen Städten Tribute.

Treuloses Geld

Ihm wurde allerdings sein Reichtum zum Verhängnis. Das war etwa ein halbes Jahrhundert nach der Erfindung des Geldes. Krösus sandte einen gewissen Eurybatos nach Griechenland, um dort eine Söldnertruppe für den Krieg gegen die Perser anzuwerben. Dafür vertraute er ihm eine hohe Geldsumme an. Eurybatos aber lief mit dem Geld zum Perserkönig über, und Krösus verlor den Krieg.

An dieser Geschichte sieht man schon etwas Wichtiges über Geld: Geld ist nicht treu. Mit Menschen bist du verbunden, die laufen normalerweise nicht so einfach zur Gegenseite über. Natürlich passiert das doch immer mal wieder, aber wir finden eigentlich, dass das nicht normal ist. Wir finden es verwerflich, wenn jemand sein Versprechen bricht und einem Freund oder König untreu wird. Eurybatos war ein Verräter, ein gemeiner Kerl, das ist klar.

Aber was ist mit dem Geld, das er dem Perserkönig in die Hände lieferte? Würden wir den Münzen des Krösus vorwerfen, dass sie ihrem Herrn untreu waren? Offensichtlich nicht. Von Geld erwartet niemand, dass es seinem Besitzer treu ist. Und wer auch immer dafür Söldner anwirbt, die werden ihm nur so lange treu bleiben, wie er zahlen kann. Hätte Krösus genug Adlige gehabt, die in einem Treueverhältnis zu ihrem König stehen, dann hätte er den Krieg vielleicht gewonnen.

Geld ist eine Beziehung besonderer Art

Man sieht daran: Geld ist eigentlich nicht ein Gegenstand, sondern ein Verhältnis zu anderen Menschen, deren Kampfkraft oder deren Arbeit ich damit kaufen kann. Es verbindet mich mit Menschen, aber das ist keine verlässliche Verbindung. Genauer: es ist keine persönliche Verbindung, sondern so etwas wie eine nicht-moralische Beziehung. Es verpflichtet zu nichts. Wenn der Dienst geleistet und der Sold bezahlt ist, verbindet den König nichts mehr mit den Söldnern. Theoretisch könnten die am nächsten Tag schon für die Perser kämpfen, und sie wären deswegen keine Verräter.

Silver croeseid protomes CdMDas ist eine von den Münzen, die Krösus geprägt hat. Die Qualität ist schon viel besser, man kann das Bild erkennen: Ein Löwe und ein Stier sehen sich an, und offensichtlich nicht freundlich. Gleich werden sie miteinander kämpfen.

Eine Erfindung des Krieges

Warum ist auf einer der ganz frühen Münzen so eine Kampfszene abgebildet? Es gibt die begründete Vermutung, dass Geld eine Erfindung des Krieges ist. Mit Geld wurden zuerst Söldner bezahlt. Man bezahlte sie normalerweise aus der Beute, also vor allem mit Gold aus den Schätzen eroberter Städte, und da war es praktischer, wenn die Stücke einheitlich waren. Söldner waren die ersten großen Gruppen von Menschen, die nicht in eine feste Gemeinschaft eingebunden waren, sondern als ungebundene Individuen durch die Welt vagabundierten. Ihr Besitz musste leicht zu transportieren sein. Die konnten nicht drei Ziegen, einen Käse und zwei Weinschläuche mitschleppen.

Münzen sind also von ihrem Ursprung her nicht die netten Talerchen, in denen Dagobert Duck sein erfrischendes Geldbad nimmt. Sie sind von Anfang an mit Gewalt verbunden. Und noch eine Geschichte aus Kleinasien sagt uns etwas über das Wesen des Geldes:

Das Gold des Königs Midas

Der sagenhafte König Midas, ein König von Phrygien, das so eine Art Vorgängerstaat von Lydien war, hatte von den Göttern die Gabe erbeten, dass alles, was er anfasste, zu Gold wird. Das funktionierte tatsächlich. Midas war begeistert. Seine Schatzkammern füllten sich. Aber bald merkte er, dass er jetzt ein Problem hatte:

Er konnte nichts mehr essen oder trinken, weil sich die Nahrung unter seinen Händen zu Gold verwandelte. Er sah vor sich den Hungertod, aber die Götter hatten Erbarmen mit ihm: wenn er sich im Fluss Paktolos baden würde, dann würde er die schreckliche Gabe wieder verlieren. Das tat er dann auch und wurde geheilt. Seit damals findet man angeblich im Paktolos Gold. Dieses Gold wiederum war die Quelle des Reichtums von Krösus.

Geld kann man nicht essen

Wenn wir die beiden Geschichten von Krösus und Midas kombinieren, sagen sie uns Grundlegendes über das Geld: Geld stellt eine besondere Beziehung zwischen Menschen her, eine Beziehung, die jederzeit kündbar ist. Es ist keine persönliche Beziehung, sie beruht nicht auf irgendeiner Art von Loyalität oder Treue. So ein Verhältnis erscheint sehr verlockend. Du bist nicht den Unwägbarkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen ausgeliefert, sondern du kannst einfach rechnen und kalkulieren. Aber gerade deshalb infiziert die Geldbeziehung alle Lebensbereiche, mit denen sie in Verbindung kommt. So wie für Midas alles zu Gold wurde. Die Geldbeziehung untergräbt alle anderen Beziehungen, aber man kann aus ihr nicht leben. Die meisten von uns werden den Spruch kennen: wenn der letzte Baum gefällt und die Erde verwüstet ist, werdet ihr endlich merken, dass man Geld nicht essen kann.

Als die Bibel entstand, war das Geld noch jung. Es hatte gerade erst angefangen, das Leben und das Denken der Menschen zu prägen. Deswegen sieht die Bibel sehr deutlich, dass hier etwas ganz Neues in die Welt kommt, eine neue Macht, die mit Gott um die Herzen der Menschen konkurriert. Jesus nennt sie den »Mammon«. Wir haben von ihm vorhin in der Lesung gehört (Lukas 16,1-13). Jetzt hören wir auf eine Geschichte, in der gerade kein Geld vorkommt:

Lukas 11,5 Dann sagte Jesus zu ihnen: Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote; 6 denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen, und ich habe ihm nichts anzubieten!, 7 wird dann etwa der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe, die Tür ist schon verschlossen und meine Kinder schlafen bei mir; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben?
8 Ich sage euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm seine Bitte erfüllt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht. 9 Darum sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. 10 Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.

Das ist eine Geschichte, in der Geld noch keine Rolle spielt. Da merkt man noch etwas von der Art, wie Menschen miteinander gelebt haben, bevor das Geld sich überall breitgemacht hat. Und es ist eine Geschichte aus einer armen Welt, wo man nicht genug im Kühlschrank und in der Speisekammer hatte, um unerwarteten Besuch zu bewirten. Dabei ging es nicht um Schnittchen, sondern um Grundnahrungsmittel, Brot, für jemanden, der den Tag über zu Fuß unterwegs ist und erst nach Einbruch der Dunkelheit ankommt. Der hat natürlich Hunger. Und so ein Gast musste bewirtet werden, das war ein Gebot der Menschlichkeit und es war Ehrensache. Bis heute, wenn du mit Menschen aus anderen Teilen der Welt zu tun hast, die können noch so arm sein: wenn du ein Gast bist, dann bekommst du das Beste, was sie haben. Wenn heute Länder wie der Libanon oder die Türkei viel mehr Flüchtlinge aufnehmen können, obwohl wir viel reicher sind, dann liegt das an dieser alten Kultur der Gastfreundschaft, die dort immer noch lebendig ist. Und die war natürlich auch in der Zeit Jesu das Normale.

Gemeinsam (über)leben

Was machten die Menschen also, wenn unerwartet jemand auftauchte und nichts im Haus war? Sie baten ihre Nachbarn um Hilfe. Auch für das ganze Dorf war es Ehrensache, dass ein Fremder anständig bewirtet wurde. Und so geht auch in der Geschichte Jesu der Gastgeber zum Nachbarn, um sich drei Brote auszuleihen. Und das hieß natürlich nicht, dass er ihm die Woche drauf drei Brote zurückbringen würde, sondern das hieß: wenn der Nachbar mal unerwarteten Besuch bekommt, dann erwartet er, dass er sich genauso ein paar Brote holen kann. Eine sinnvolle Sache: wer unvorhergesehen etwas braucht, der bekommt es von den anderen. Alle können so gemeinsam überleben und der Gast auf seiner Reise auch.

Aber irgendwas klemmt hier, jedenfalls diskutiert Jesus diese Möglichkeit: der Nachbar will vielleicht nicht noch mal raus aus dem warmen Bett, die Kinder sind gerade erst eingeschlafen, und wir wissen alle, wie lange das manchmal dauert, bis Kinder endlich schlafen. Vielleicht ist das aber auch eine Ausrede, und in Wirklichkeit will er nicht schon wieder aushelfen müssen. Auch in Kulturen, wo man sich selbstverständlich gegenseitig aushilft, gibt es natürlich Menschen, die das mehr oder weniger gern tun.

Gleichnis für eine freundliche Welt

Das ist aber nicht der Punkt. Jesus geht es darum: selbst wenn jemand sich zuerst weigert auszuhelfen, dann ist doch die Erfahrung, dass er oft auf hartnäckige Bitten reagiert. Vielleicht auch nur, weil er genervt ist.

Jesus will damit sagen: geht davon aus, dass die Welt großzügig ist, weil sie aus der Hand eines freundlichen Schöpfers hervorgegangen ist. Seine Schlussfolgerung: bittet, und euch wird gegeben werden. Manchmal müsst ihr hartnäckig bitten, wie bei dem Mann, der schon im Bett liegt, aber am Ende findet ihr Gehör. Wer anklopft, dem wird am Ende aufgetan.

Man muss sich dabei immer klar machen, dass das kein billiger Optimismus ist. Die waren damals wesentlich ärmer als wir und konnten sich keine Illusionen leisten. Und trotzdem sagt Jesus: vertraut darauf, dass genug da ist für alle. Und wenn ihr beharrlich bittet, weckt ihr die Güte des Schöpfers. Übrigens muss man immer dazudenken, dass Jesus von der ganzen Welt einschließlich der Menschen spricht. Die Güte Gottes und seiner Welt zeigt sich häufig in der Güte von Menschen. Gott hat die Welt nicht nur so geschaffen, dass genug für alle da ist, Gott hat den Menschen auch seine Güte ins Herz gegeben. Und alles zusammen ergibt eine freundliche Welt.

Ansprechbar für Bitten

Denn Menschen sind ansprechbar für Bitten. Manchmal haben sie ihr Herz gut gepanzert, aber wenn es irgendwo ein Schlupfloch gibt und eine Bitte sie durch alle Abwehrstellungen hindurch erreicht, dann weicht ihr Herz auf. Viele Weihnachtsgeschichten erzählen davon, wie die Barmherzigkeit in harten Herzen freigesetzt wird. Und es zeigt sich: Menschen tun erstaunlich oft und gern Gutes. Selbst nach Hunderten von Jahren voll Propaganda, in denen man uns eingeredet hat, dass »der Mensch« eigennützig, schlecht und gewalttätig ist, helfen Menschen immer noch gern. Und sie merken: das tut uns gut, dafür sind wir geschaffen, wir sind im Einklang mit unserem wahren Wesen, wenn wir mit anderen solidarisch sind.

Aber jetzt kommt das Geld ins Spiel. Wir erinnern uns: 600 vor Christus, Kleinasien, die Söldner, die lieber Münzen im Beutel mit sich herumtrugen als Schafe oder Weinschläuche mitzuschleppen. Menschen, die außerhalb des Zusammenhalts einer Dorfgemeinschaft oder einer Sippe stehen. Geld als Wert an sich, der nicht an die Unwägbarkeit menschlicher Beziehungen und Charaktere gebunden ist. Eine Beziehung, durch die andere zu deinen Diensten stehen, ohne dass du mit ihnen irgendwie enger verbunden bist als durch das Geld. Du kannst nicht mit einer unbegrenzten Zahl von Menschen in einem Solidaritätsverhältnis stehen, aber du kannst unbegrenzt Geld anhäufen. Auf der anderen Seite ist dann aber keine Gemeinschaft mehr da, die dich in der Not unterstützt.

Vergiftet durch Angst und Gier

Wenn also an die Stelle der ursprünglichen Solidarität das Geld tritt, dann hat es zwei Begleiter: Angst und Gier. Die Angst davor, rauszufallen und allein dazustehen, ohne den Schutz einer Gemeinschaft, und die Gier, möglichst viel anzuhäufen: als Schutz und als Möglichkeit zum Genuss, der zu nichts verpflichtet. Angst und Gier: das sind genau die Antriebskräfte, die auch unsere Gesellschaft vergiften und in immer neue Krisen und Katastrophen führen.

So trägt auch der Mammon ein Weltbild in sich. Es behauptet: wir leben in einer Welt des Mangels und der Gefahr. Es reicht nicht für alle, und deswegen sind die anderen deine Konkurrenten. Du musst versuchen, stärker und schlauer zu sein. Es ist ein ewiger Kampf. Wenn man Glück hat, lebt man in einer Gesellschaft, in der der Kampf mit zivilisierten Mitteln ausgetragen wird, aber im Prinzip ist der Mensch des Menschen Wolf. Wir haben nichts zu verschenken. Und gern wird dann behauptet: das ist nun mal das Wesen des Menschen. Seid realistisch, in Wirklichkeit leben wir immer noch im Dschungel. Und aus diesem Weltbild, aus diesem Glauben folgt alles andere. Wenn du so denkst, bleibt deinem Herzen nicht viel anderes übrig, als hart zu werden, und nur gelegentlich schleicht sich versehentlich eine menschliche Anwandlung ein.

Ein hoffnungsloses Weltbild setzt sich durch

Wer so denkt, der sieht sich oft als Realisten im Gegensatz zu den sogenannten »Gutmenschen«, die sich Illusionen über die Lage machen. Aber natürlich ist das in Wirklichkeit auch ein Glaube. Und es ist ein Glaube, der den Menschen immer wieder mühsam eingebläut werden musste. Zuerst einfach durch die erfahrene Gewalt, durch Mord und Plünderung, die sie erleiden mussten. Da kann man schon an der Güte der Welt verzweifeln. Aber das haben erstaunlich wenige von den einfachen Menschen getan. Die haben gerade unter Druck und Gewalt beharrlich an ihrer Solidarität festgehalten. Jesus konnte an diese Erfahrung seiner Zuhörer anknüpfen.

Erst in der Neuzeit hat es dieses Weltbild, das auf Angst und Gier hinausläuft, geschafft, zum Leitbild zu werden. Erst am Beginn der Neuzeit sind Philosophen auf die Idee gekommen, das Beste wäre es, wenn alle rücksichtslos ihre egoistischen Zwecke verfolgen würden. Und erst in der Neuzeit haben atheistische Denker es auf breiter Front geschafft, Gott aus dem öffentlichen Denken auszuschließen und mit ihm die Hoffnung auf Überwindung des Mammons.

Glaube entzaubert den Mammonskult

Aber im christlichen Glauben, so sehr sich die Kirchen auch immer wieder den Mächtigen gebeugt und angepasst haben, sind doch diese Worte Jesu lebendig geblieben: ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Benutzt stattdessen das Geld, an dem Ungerechtigkeit und Blut kleben, um euch Freunde zu machen. Bürstet den Mammon gegen den Strich. Dekonstruiert ihn. Benutzt ihn gegen seine eigenen Logik und baut mit ihm Beziehungen auf, so wie der Verwalter, von dem wir in der Lesung gehört haben (Lukas 16,1-9): erst war er ein Diener des Mammons, hat im Auftrag seines Herrn die Schuldner drangsaliert, aber jetzt benutzt er den Mammon, um etwas Tragfähiges aufzubauen, das über diese Logik von Angst und Gier hinausreicht. Er baut ein Netz der Solidarität auf, weil er gemerkt hat, dass der Mammon einen sehr schnell fallen lassen kann. Und dafür lobt ihn Jesus.

Das Gefährliche am Geld der Gier und der Angst ist wahrscheinlich, dass es uns täuscht: es täuscht eine Sicherheit vor, die es in Wirklichkeit nicht gibt. In Wirklichkeit destabilisiert das Geld unsere Existenz. Spätestens seit der Finanzkrise von 2008 haben wir das doch wohl verstanden. Diese herrenlose Macht, diese Energie von unzähligen Menschen, die im Geld zusammengefasst ist, ohne dass wir mit ihnen in irgendeiner Beziehung stehen, die uns verpflichten würde – diese Macht ist inzwischen dabei, den ganzen Planeten in den Abgrund zu reißen. Sie vergiftet die Welt, sie verwüstet die Schöpfung. Sie ist der Inbegriff der Beziehungslosigkeit und das heißt: der Inbegriff der Unmenschlichkeit.

Es geht um Bekehrung

Dagegen setzt Jesus das Bild des Verwalters, der dem Mammon gerade rechtzeitig noch untreu wird, ihn umfunktioniert und mit ihm ein Beziehungsnetz aufbaut. Gerade so benutzt er ihn richtig. Das ist unser Vorbild. Das Geld ist uns gegenüber zu nichts verpflichtet, aber wir sind es ihm gegenüber auch nicht. Wir können es schamlos missbrauchen, indem wir es ohne jede Gegenleistung verschenken und Beziehungen aufbauen, die bleiben. Wir können ihm die Loyalität entziehen. Wir können aufhören, an sein Weltbild zu glauben. Wir können uns zum Gott des Lebens und der Beziehungen bekehren.

Wir erinnern uns an König Midas, der sich im Fluss Paktolos waschen musste, um diese schreckliche Gabe, dass alles durch seine Hände zu Gold wurde, loszuwerden. Was hindert uns daran, diesen Mythos auf die Taufe zu deuten? Da werden Angst und Gier von uns abgewaschen, da werden wir vom Mammon getrennt, da werden wir mit dem lebendigen Schöpfer der Welt verbunden, nicht mit der toten Unheilsmacht.

Wir können uns dazu bekehren, keine Söldner mehr zu sein, sondern Kinder des Vaters im Himmel, der eine gastfreundliche Welt geschaffen hat, die mit Teilen und Schenken funktioniert. Dann ist genug für alle da. Bei dir und bei mir fängt es an, dass der Glaube an den Mammon gebrochen wird und wir uns vom falschen Gott bekehren zum Vater des Lebens, dessen Antlitz uns in Jesus begegnet.

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Leseempfehlung:

Nicht nur der Titel dieser Predigt, auch viele Denkanstöße verdanken sich dem lesenswerten Buch von Ulrich Duchrow: „Gieriges Geld“ (Kösel-Verlag 2013)

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