Jesu Taufe und unsere Taufe
Predigt am 26. Januar 2003 zu Matthäus 3,13-17
Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. 14 Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? 15 Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er’s geschehen.
16 Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. 17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach:Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Als Jesus damals zu Johannes kam, um sich taufen zu lassen, da öffnete er sich für Gott – und als Antwort öffnete sich der Himmel. Das ist eine grundlegende Erfahrung: wenn wir uns für Gott öffnen, dann kommt als Antwort etwas von Gott zu uns.
Sich taufen zu lassen, das war damals ein ganz neuer Weg, wie Menschen sich Gott zugewandt haben. Johannes der Täufer hatte das eingeführt. Und die Menschen drückten auf diese Weise aus, dass sie sich bereit machen wollten für das, was Gott in Kürze tun würde. Da lag eine erwartungsvolle Atmosphäre über den Menschen am Jordan: So lange hatten sie nichts Lebendiges mit Gott erlebt, immer nur die Erinnerung an das, was er früher mal getan hatte. Aber jetzt sollte sich das ändern. Johannes kündigte das an, und irgendwie spürten sie, dass es stimmte: Gott richtet wieder seine Herrschaft auf! Gott ist kurz davor, das entscheidende zu tun! Er sendet seinen Retter, es dauert nicht mehr lange, und dann ändert sich die Welt!
Und die Menschen wollten darauf vorbereitet sein. Sie wussten: wenn Gott etwas tut, dann ist es besser, wenn man sich darauf eingestellt hat. Deshalb sagte ihnen Johannes: kehrt um, lasst alles Böse und Betrügerische, und dann lasst euch taufen! Damit seid ihr bereit für das, was Gott tun wird! Und sie kamen und stiegen in den Jordan, um sich taufen zu lassen. Das war eine große Bewegung des Aufbruchs und der Erwartung: es geht nicht immer so weiter, wie wir es kennen – nein, Gott beginnt etwas Neues unter uns.
Und dann kam mit den vielen anderen Menschen auch Jesus zu Johannes, und der wusste gleich: der ist nicht wie die anderen. Nein, das ist ja der, auf den wir warten! Und Johannes weigerte sich und sagte: ich kann doch nicht dich taufen! Umgekehrt wäre es richtig! Der muss sich ziemlich heftig geweigert haben, aber Jesus gab auch nicht nach.
Er sagte: nein! mach es so! Jetzt ist das dran. Jesus geht keinen Sonderweg, sondern den Zugang zu Gott, der jetzt für alle der richtige ist, den nimmt er auch. Und es ist, als ob dieser ganze Vorgang der Taufe eigentlich speziell für ihn erfunden worden wäre. Jesus tut den Schritt auf Gott hin – und Gott antwortet. Der Himmel öffnet sich, der Heilige Geist kommt herab, und Gott sagt: das ist mein lieber Sohn. Der hat alles richtig gemacht. Wenn ich ihn ansehe, dann freue ich mich, dann weiß ich, dass es für die Welt Zukunft und Hoffnung gibt.
Jesus kommt zu Gott – und Gott antwortet. Da stimmt es einfach zwischen Gott und Mensch. Da sehen wir, wie Gott sich das vorstellt, wenn ein Mensch mit einem ehrlich offenen Herzen zu ihm kommt. Dann kann er antworten mit seinem Heiligen Geist, der die Verbindung zwischen Gott und den Menschen ist. Weil in Jesus der Heilige Geist wohnt, deshalb hat Jesus immer gewusst, was Gott wollte. Darum konnte er so echt von Gott reden, dass alle sofort wussten: ja, das stimmt!
Und in seinem ganzen weiteren Leben hat Jesus daran gearbeitet, andere Menschen mit hineinzunehmen in das Verhältnis zu Gott, das er hatte. Er ist einen Weg gegangen, auf dem er Menschen mitgenommen hat: zuerst seine Jünger, und denen hat er dann den Auftrag gegeben, auch andere dazu zu holen. Und wenn die in den Spuren Jesu gingen, dann empfingen auch sie den Heiligen Geist.
Deswegen gehört die Taufe bis heute zum Weg derer, die zu Jesus gehören. Wir machen es, wie Jesus es vorgemacht hat, damit Gott auch uns antwortet. Taufe ist das Zeichen: ich öffne mich für Gott und den Weg Jesu unter den Menschen.
Wir haben ja in unserem Kopf alle so etwas wie einen Türaufseher, der darauf achtet, welche Einflüsse wir reinlassen und welche nicht. Es gibt Gedanken, die bleiben gleich draußen, weil unser Türwächter sagt: das stimmt doch vorn und hinten nicht. Oder weil er sagt: das kommt doch wieder von dem und dem, der spinnt sowieso ein bisschen.
Es gibt z.B. einen Fachausdruck für Kinder, die sich nichts von ihren Eltern sagen lassen wollen: die sind dann »elterntaub«. Liebe Eltern und liebe Kinder, könnt ihr mit diesem Wort etwas anfangen? Gibt es das? Vielleicht hat fast jeder mal eine Zeit in seinem Leben wo er »elterntaub« ist, wo der kleine Aufseher sagt: wenn die was sagen, das kommt hier nicht rein. Aber wenn man das mit ein bisschen Abstand betrachtet oder auch im Rückblick, dann merkt man, dass in Wirklichkeit Kinder ganz viel von ihren Eltern übernehmen, und alle sehen es ganz deutlich, nur die Eltern und die Kinder selber merken es nicht, weil die so nahe dran sind und ihnen deshalb vor allem die Unterschiede auffallen.
Auf jeden Fall geht es bei der Taufe darum, dass dieser Türaufseher die Order kriegt: Was von Jesus kommt, soll rein! Das sind vertrauenswürdige Impulse, die müssen nicht rausgefiltert werden, sondern dafür ist die Tür immer offen! Und dann kann das Evangelium anfangen, uns auch in der Tiefe zu erreichen und die Gewichte im Herzen zu verschieben, und der Heilige Geist findet eine offene Tür.
Und da ist es bei den Einzelheiten natürlich unterschiedlich, in welchem Alter wir getauft werden. Wer schon alt genug ist, der sagt das als seine eigenen Worte. Der gibt selbst seinem kleinen Mann im Ohr die Order, dass Jesus vertrauenswürdig ist. Wer noch nicht so alt ist, bei dem sind die Eltern sowieso erstmal noch dafür zuständig, welche Einflüsse ihn erreichen sollen. Am Anfang ist dieser Türwächter ja noch nicht besonders stark, da würde alles in uns reinkommen, jeder Einfluss, an den wir gerade geraten, und es würde uns überfluten, weil wir uns noch nicht wehren können. Deswegen üben am Anfang die Eltern diese Funktion aus, zu entscheiden, was an das Kind herankommen soll und was nicht. Und das ist eine ganz wichtige Aufgabe, zu schauen: welche Sendungen soll er sehen? Mit welchen Kindern soll sie zusammensein? Welche Erwachsenen sollen uns helfen, das Kind auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu begleiten?
Und so öffnen wir unsere Kinder dem Einfluss Gottes, wenn wir mit ihnen abends beten, wenn wir ihnen Geschichten von Jesus erzählen oder in der Kinderbibel zeigen. Und später gehören dann Kindergottesdienst bzw. Kinder-Bibel-Morgen und Konfirmandenunterricht zu den Wegen, auf denen Gott zu Menschen spricht und ihnen signalisiert: hallo du, ich kenne dich und möchte, dass wir Freunde werden. Ich will dein Vater sein und auf dich achten, und ich will dir zeigen, wie gutes, echtes Leben aussieht.
Und die Entscheidung dafür bündelt sich in der Taufe. Da sagen wir Gott für uns selber oder für ein Kind, das uns anvertraut ist: ich bin offen für dich, ich lasse ein Leben ohne dich hinter mir und möchte das neue Leben haben, das du versprochen hast.