Freude – Gottes Hauptziel im Hintergrund
Predigt am 3. Oktober 2004 (Erntedankfest) zu 2. Korinther 9,6-12
6 Denkt daran: Wer spärlich sät, wird nur wenig ernten. Aber wer mit vollen Händen sät, auf den wartet eine reiche Ernte. 7 Jeder soll so viel geben, wie er sich in seinem Herzen vorgenommen hat. Es soll ihm nicht leid tun, und er soll es auch nicht nur geben, weil er sich dazu gezwungen fühlt. Gott liebt fröhliche Geber! 8 Er hat die Macht, euch so reich zu beschenken, dass ihr nicht nur jederzeit genug habt für euch selbst, sondern auch noch anderen reichlich Gutes tun könnt.
9 Dann gilt von euch, was in den Heiligen Schriften steht: »Großzügig gibt er den Bedürftigen; seine Wohltätigkeit wird in Ewigkeit nicht vergessen werden.« 10 Gott, der dem Sämann Saatgut und Brot gibt, wird auch euch Samen geben und ihn wachsen lassen, damit eure Wohltätigkeit eine reiche Ernte bringt.
11 Er wird euch so reich machen, dass ihr jederzeit freigebig sein könnt. Dann werden viele Menschen Gott wegen der Gaben danken, die wir ihnen von euch übergeben. 12 Dieser Liebesdienst soll ja nicht nur die Not der Gemeinde in Jerusalem lindern, sondern darüber hinaus viele Menschen zum Dank gegen Gott bewegen.
Die zentrale Regung Gottes ist Freude. Er hat die ganze Welt geschaffen,damit es außer ihm noch viele andere gibt, die sich freuen. Und er hat die Welt so organisiert, dass die Güter in einem Kreislauf von einem zum andern weitergegeben werden, damit es immer wieder neu einen Anlass zur Freude gibt. Und solange dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird, folgt aus einer Freude immer wieder die nächste.
Hier an dieser Stelle geht es um eine Sammlung für die notleidende Gemeinde in Jerusalem – aber das Prinzip dahinter gilt auch für Wirtschaftskreisläufe, die Auf Leistung und Gegenleistung beruhen. Vielleicht denken wir, es ist nur ein Geschäft. Aber in Wirklichkeit hat auch ein Geschäft einen tieferen Hintergrund. Jedes Mal, wenn uns jemand etwas gibt – ein Geschenk oder eine Ware – jedes Mal soll das nach Gottes Planung für uns ein Anlass sein, dass wir uns freuen und sagen: wow – das ist toll, so schön! danke, ich bin schon wieder so begeistert! Gott hat die Welt so eingerichtet, dass wir immer wieder auf solche Anlässe zur Freude stoßen.
Funktioniert das? Durchaus. Wenn man die Früchte so schön arrangiert vor sich sieht, wie wir es heute haben, dann versteht man jedenfalls ein bisschen davon, wie Gott das gemeint hat. Er lässt auf den Bäumen und auf dem Acker nicht Schachteln mit Vitaminpräparaten wachsen und auch keine Tüten mit Eiweißkonzentrat. Wäre das vielleicht nicht praktischer? Stattdessen lässt Gott Früchte wachsen, und die sind nicht nur Nährstofflieferanten, sondern sie sind auch schön, und sie sollen dafür sorgen, dass Menschen viele Gelegenheiten haben, um zusammenzukommen. Und jeder Arbeitsgang und jeder Austausch soll ein Anlass zur Freude sein.
Bevor wir überlegen, ob das denn realistisch ist, will ich noch sagen, dass Freude und Dank ganz nah beieinander liegen. Dank ist Freude, die man mit denen teilt, die an dieser Freude mitgewirkt haben. Dank ist einer der Wege, auf denen man Freude weitergibt. Leider haben wir Dank oft in einer armselig verkrüppelten Form erlebt, wo es eine pflichtschuldige Gegenleistung ist, die wir erwartungsgemäß erbringen, auch wenn es uns gar nicht danach zu Mute ist. Manchmal sieht es dann so aus: wir teilen die Freude, die wir nicht empfinden wegen Dingen, die wir nicht mögen mit Menschen, die unsere echten Wünsche nicht kennen. Und alles Unechte ist immer peinlich und unangenehm.
Aber so ist das nicht gemeint! Gott ist an echter Freude interessiert, nicht an einer peinlichen Fassade. Wir sollen auch in normalen Wirtschaftsprozessen die Tiefendimension entdecken, die über den reinen ökonomischen Zusammenhang hinausgeht, und von Gott aus ist das die eigentliche Sache: nämlich die Freude, die entstehen soll. So wie es bei dieser Spendenaktion nur vordergründig um die ökonomische Versorgung der Gemeinde in Jerusalem geht, aber aus Gottes Sicht schafft er da einfach einen Anlass, um durch Dank und Freude Gemeinsamkeiten entstehen zu lassen. Offensichtlich gehört Gott zu den Leuten, denen kein Vorwand zu fadenscheinig ist, um Party zu machen. Gott liebt fröhliche Geber, weil er selbst einer ist. Kennen Sie Menschen, die großen Spaß daran haben, andere zu beschenken? Menschen, die einem immer etwas mitbringen, Großeltern, bei denen die Enkel immer etwas zugesteckt bekommen? So ähnlich muss man sich Gott vorstellen. Und er scheut nicht davor zurück, die ganze Welt so zu organisieren, dass da dauernd einer etwas mit dem anderen teilt oder austauscht.
Jetzt also die Frage: funktioniert das? Funktioniert es auch dann, wenn der ganze Zusammenhang nicht so deutlich ist wie im Erntedankgottesdienst?
Ja, leider funktioniert es manchmal auch nicht. Die Kreisläufe,die Gott in die Welt hineingelegt hat, sind inzwischen beschädigt, durch menschliche Sünde und Unverständnis. Wir müssen unser Brot nicht nur im Schweiße des Angesichts essen, sondern manchmal auch unter Zank und Streit und schlechter Laune. Manchmal achten wir auch nicht darauf, was wir an Schönem bekommen, und dann kann es nicht die Wirkung entfalten, die da eigentlich möglich wäre. Oder – schlimmer! – da wandert etwas vom einen Menschen zum andern, und was bewirkt es? Nicht Freude, sondern Frust. Da hat einer an allem was auszusetzen, nichts kann man ihm recht machen! Verkäuferinnen können ein Lied davon singen, was die manchmal an schlechter Laune und Unzufriedenheit abkriegen. Oder gibt es das etwa auch beim Essen, dass jemandem nichts schmeckt, alles ist nicht richtig? Passt dies nicht, passt das nicht?
Und natürlich gibt es auch wirklich Sachen, die nicht besonders gut funktionieren: Pullover, die man nach einmal Waschen an seinen kleinen Bruder oder die kleine Schwester weitergeben kann, weil sie eingelaufen sind. Autos, die nach der ersten Fahrt in die Werkstatt müssen. Früchte, die nach nichts schmecken. Angebranntes Essen.
Wissen Sie, was das Schlimme daran ist? Dass es dann nur noch schwer funktioniert mit der Freude. Wenn einer mufflig ist oder schlechte Ware weitergibt, dann kann man sich gar nicht mehr richtig freuen. Vielleicht verdient er Geld damit, aber das eigentliche Ziel, das Gott mit diesem Wirtschaftsprozess hatte, das wird nicht erreicht.
Damit das nicht passiert, sind drei Dinge wichtig: dass wir unsere Arbeit gut machen, dass wir gut konsumieren, und dass wir die Verbindungen zu anderen Menschen schätzen, die dabei entstehen. Das ist alles nicht selbstverständlich. Ich gehe es mal der Reihe nach durch:
1. Gut arbeiten
Im Grunde wissen wir, dass wir unzufrieden sind, wenn wir schlechte Arbeit abliefern. Man muss nicht alles 120%ig machen, manchmal ist es auch optimal, eine Arbeit nur 80%ig zu machen. Aber wenn wir nur immer Pfusch machen, dann werden wir unzufrieden, weil wir uns am Ergebnis nicht freuen und weil wir uns dann selbst nicht achten können. Manche werden durch ihre Arbeitssituation gezwungen, schlechter zu arbeiten, als sie es eigentlich könnten. Das ist wirklich unbefriedigend, und es ist eine gesunde Reaktion, wenn man sich dann wenigstens ein paar Nischen schafft, wo man gute Arbeit machen kann. Dieser praktische Vordergrund der Wirtschaftsprozesse soll ja nicht mit Gottes Ziel im Hintergrund kollidieren, nämlich Freude und Dank entstehen zu lassen. Was wir tun können, sollen wir tun, damit wir nicht nur fröhliche Geber, sondern auch fröhliche Arbeiter sein können. Wir sollen in allem großzügig sein, im Schenken, aber auch in der Hingabe an unsere Arbeit.
2. Gut konsumieren
Immer, wenn du etwas konsumierst, dann nimm es persönlich! Sieh es an als Gottes persönlichen Liebesbeweis für dich. Berücksichtige dabei, dass er es durch Menschen schickt, die nicht so perfekt sind wie er. Aber dadurch entsteht die Chance, dass es nicht nur eine Liebeserklärung Gottes ist, sondern dass da auch noch ein anderer Mensch seine Güte und Freundlichkeit mit dazutut. Gott ist ganz hemmungslos darin, solche Gelegenheiten zu schaffen, viele an jedem Tag. Und wenn sich dir eine bietet, dann ergreife sie, verbinde eine Arbeit mit Freundlichkeit und entdecke die Freundlichkeit, die andere mit in die Dinge hineingetan haben. Die Menschen sind gar nicht so schlecht. Natürlich gibt es auch immer die herausragenden Gegenbeispiele, aber die meisten Menschen tun gerne Gutes. Lass dich nicht täuschen, die Welt würde gar nicht funktionieren, wenn nicht das meiste immer noch nach Gottes ursprünglichem Plan funktionieren würde. Also entdecke Gottes gute Botschaften an uns und freue dich daran und sei dankbar – das ist die Art, solche Botschaften zu bestätigen. Lerne von ihm Großzügigkeit – es ist genug für alle da, und noch mehr. Nur vom Habenwollen, Streiten und Festhalten wird es weniger.
3. Die Verbindungen zu anderen Menschen schätzen
Dass wir beim Arbeiten und beim Konsumieren mit anderen zusammen sind, das ist kein Nebeneffekt, sondern das ist von Gott so gewollt. Er nutzt alle Möglichkeiten, um Verbindungen herzustellen. Diese ganze materielle Welt, von der wir so abhängig sind, die uns manchmal eine Last ist (und wir sagen: wenn ich das doch nur loswäre!), die ist in Wirklichkeit sein Kunstgriff, um uns immer wieder ganz natürlich mit anderen zusammenzubringen. Wie viele Menschen lernen wir durch Arbeit kennen! Und andererseits: wie sehr verbindet das Menschen, wenn man zusammen isst! Wieviel Kommunikation passiert da! Also, wir sollen solche Gelegenheiten nutzen. Es ist nicht gut, wenn Menschen isoliert arbeiten oder essen müssen. Wir sollen mit den Gütern auch etwas Menschliches weitergeben und empfangen, und dann natürlich Freude und Freundlichkeit, nicht schlechte Laune.
Also: gut arbeiten, gut konsumieren und die Menschen nicht als überflüssige Begleiterscheinung ansehen. Man kann damit schon anfangen für seine persönliche Welt, auch wenn nicht alle mitmachen. Besser ist es natürlich, wenn man nicht allein dabei ist, aber es funktioniert auch dann, wenn man es ganz allein macht. Das sorgt dafür, dass die Segenskreisläufe in dieser Welt nicht aufhören. Gott setzt sie mit seiner Großzügigkeit und seinem Schenken in Gang, und wir sollen sie am Laufen halten, wir sollen sie nicht bremsen, indem wir die Sachen festhalten oder misstrauisch auf die Gegenleistung schauen. Die ganze Welt funktioniert auf der Grundlage von Großzügigkeit und Fülle, und Menschen sind es, die mit ihrem Misstrauen Mangel und Not und Raffgier hineinbringen. Aber wer mit vollen Händen sät, auf den wartet eine reiche Ernte. Wir sollen aus der Fülle leben, die Gott gibt, und wir sollen sie weitergeben, damit sie mehr wird. So wird die ganze Welt mit der Liebe und Freude Gottes erfüllt. Das war sein Ziel bei der Schöpfung, und er hat dieses Ziel nicht aufgegeben.