Die Revolution beginnt im Himmel

Predigt am 16. August 2015 zu Offenbarung 12,7-18 (Predigtreihe Offenbarung 21)

7 Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, 8 aber sie konnten sich nicht halten und sie verloren ihren Platz im Himmel. 9 Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen.

10 Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten; denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und bei Nacht vor unserem Gott verklagte. 11 Sie haben ihn besiegt durch das Blut des Lammes und durch ihr Wort und Zeugnis; sie hielten ihr Leben nicht fest, bis hinein in den Tod. 12 Darum jubelt, ihr Himmel und alle, die darin wohnen. Weh aber euch, Land und Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen; seine Wut ist groß, weil er weiß, dass ihm nur noch eine kurze Frist bleibt.

13 Als der Drache erkannte, dass er auf die Erde gestürzt war, verfolgte er die Frau, die den Sohn geboren hatte. 14 Aber der Frau wurden die beiden Flügel des großen Adlers gegeben, damit sie in die Wüste an ihren Ort fliegen konnte. Dort ist sie vor der Schlange sicher und wird eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit lang ernährt. 15 Die Schlange spie einen Strom von Wasser aus ihrem Rachen hinter der Frau her, damit sie von den Fluten fortgerissen werde. 16 Aber die Erde kam der Frau zu Hilfe; sie öffnete sich und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Rachen gespien hatte. 17 Da geriet der Drache in Zorn über die Frau und er ging fort, um Krieg zu führen mit ihren übrigen Nachkommen, die den Geboten Gottes gehorchen und an dem Zeugnis für Jesus festhalten.

18 Und der Drache trat an den Strand des Meeres.

Die ersten drei Verse dieses Abschnitts haben wir schon vor zwei Monaten gehört, aber ich dachte, wir knüpfen da heute noch mal an, weil es schon ein bisschen her ist, und das hier ist einer der entscheidenden Wendepunkte in der Offenbarung: ein »Kampf im Himmel«. Der Kampf im Himmel entscheidet langfristig über das Schicksal der Erde. Wie ist das gemeint?

Was ist der Himmel?
Bild: alsen via pixabay, Lizenz: creative commons CC0
Bild: alsen via pixabay, Lizenz: creative commons CC0

Der Himmel ist ein Teil der Schöpfung: die obere Welt, die für uns fast ganz verborgen ist. Er ist gleichzeitig der Teil der Schöpfung, von dem aus Gott auf der Erde wirkt. Er ist sozusagen die Kommandozentrale. Aber nicht in dem Sinn, dass da oben einer an Fäden zieht, und in direkter Reaktion hampeln wir dann mit Arm oder Bein. Es ist eher wie die Schaltzentrale, mit der früher das Hochofenwerk auf dem Hüttengelände gesteuert wurde. Ich habe die gerade noch besichtigen können, bevor das alles außer Betrieb ging.

Da haben sie uns erklärt, dass eine der wichtigsten Aufgaben der Zentrale war, die Temperatur der Hochöfen konstant zu halten. Aber sie konnten ja nicht einfach ein Thermostat runterdrehen, wenn es zu heiß wurde. So ein Hochofen ist kein Elektroherd. Die Öfen wurden mit Koks geheizt, und so ein Feuer brennt, so lange Koks da ist, das kann man nicht einfach runterschalten. Stattdessen haben sie die Bänder schneller laufen lassen, mit denen Erz und Kalk in die Öfen gebracht wurde, und das kühlte die Temperatur dann etwas runter. Es war eine indirekte Steuerung. Und sie brauchte Zeit, bis sie wirkte.

Das scheint mir ein gutes Bild zu sein, wie Gott vom Himmel aus die Erde steuert: er mischt sich in der Regel nicht willkürlich ein, er lässt uns nicht Dinge tun, die wir eigentlich gar nicht tun wollen oder können. Stattdessen wirkt er indirekt, indem er an strategischen Stellschrauben dreht, so wie die Männer in der Hochofenzentrale die Geschwindigkeit der Förderbänder regelten.

Die Macht der Worte

Die entscheidende Stellschraube, der entscheidende Kanal ist nun aber das Wort. Worte, Gedanken, Ideen und Weltbilder steuern das, was wir tun. Sie setzen den Rahmen, sie bestimmen unsere Vorstellung davon, wie die Welt funktioniert. Wenn wir Böses tun, dann gar nicht so oft, weil wir böse sein wollen, sondern weil wir von schlechten Grundannahmen ausgehen. Wenn wir z.B. glauben, dass Menschen grundsätzlich egoistisch sind, nur an sich selbst denken und andere übers Ohr hauen wollen, dann werden wir uns entsprechend verhalten und sagen: ich habe ja keine Wahl, ich muss sehen, dass ich und meine Familie in dieser Welt nicht unter die Räder kommen, ich muss dabei mitmachen, um mich zu schützen, auch wenn ich dafür leider zu unsympathischen Mitteln greifen muss.

Anscheinend ist es nun so, dass der Satan auf diesem Kanal der Gedanken immer wieder dazwischengefunkt hat. Einer seiner Beinamen ist ja auch Diabolos, wörtlich der »Durcheinanderbringer«, weil er die Wahrheit immer so ein bisschen überdreht und übertreibt oder unnötige Widersprüche und Gegensätze hineinbringt. Aus der Geschichte von der Versuchung Jesu kennen wir das, dass er sogar mit Bibelsprüchen arbeitet. Und irgendwie redet er im Himmel mit und stört die Kommunikation zwischen Gott und den Menschen. Er schafft so eine Art benebelnde Atmosphäre, die Menschen nicht klar sehen und denken lässt.

Ein Sturz ins Bodenlose

Aber im Zusammenhang mit dem Leben Jesu hören wir nun, dass diesem Wirken ein Ende gesetzt wird. Vorhin in der Evangelienlesung (Johannes 12,23-32) haben wir schon gehört, wie Jesus selbst sagt: »der Herrscher der Welt wird hinausgeworfen«. Er sagt das in dem Moment, wo er sich dazu durchringt, das Kreuz auf sich zu nehmen und seinen Weg ganz zu Ende zu gehen.

Also: in dem Moment, in dem Jesus sein Leben ganz, bis zum Ende, nach Gottes Willen lebt, da wird dem Verwirrer der Boden unter den Füßen weggezogen. Gegen ein Menschenleben, das nicht ein Grau von Gut und Böse ist, nicht ein unklares Gemisch, sondern gut von Anfang bis Ende, gegen so ein Leben hat der Satan nichts mehr in der Hand. Im Vergleich zu Jesus kann er nur den Kürzeren ziehen. Sein Glanz verblasst. Seine Fassade bröckelt. Seine Faszination verliert ihre Kraft, weil es etwas Besseres gibt. Er ist nicht mehr alternativlos.

Und dann gibt es einen Siegesruf im Himmel: jetzt sind wir ihn los! Bisher hat er seine Kraft daraus gezogen, dass er überall etwas gefunden hat, was widersprüchlich ist, faul oder unglaubwürdig. Satan ist der Ankläger, er empört sich, er meckert, er versucht Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen, er hat an allem etwas auszusetzen.

Die Suche nach Unglaubwürdigkeit

Kennen wir diesen Stil? Es gibt so viele Menschen, die mit dieser Energie unterwegs sind: etwas als unglaubwürdig zu entlarven oder Widersprüche aufzudecken. Das ist sehr bequem: man muss sich selbst nicht festlegen, wer man selbst ist und was für einen gilt, so lange man nur genug faule Stellen bei anderen findet. Natürlich gibt es die, sie sind ja wirklich da. Das Problem ist diese Energie, die sich darauf stürzt und dauernd darüber nachdenkt und vor allem redet.

Überall, wo es Frontlinien gibt, kann man sich über die Fehler der Gegner erregen und muss nicht die eigenen bearbeiten. Wenn sich jemand für den Schutz der Umwelt einsetzt, dann wird gesucht und geprokelt, bis man irgendetwas findet, wo er sich umweltschädigend verhalten hat, ein dickes Auto gefahren oder keinen Müll getrennt hat.

Wenn irgendwo jemand versucht, etwas Gutes zu tun, dann findet man schon etwas, was man ihm anhängen kann, um dann zu sagen: ich wusste es doch, der ist unglaubwürdig. Nach dem Motto: das wäre doch gelacht, wenn der nicht irgendwann mal seine Frau betrogen, bei der Steuer geschummelt, eine Haushaltshilfe schwarz bezahlt oder die Höchstgeschwindigkeit überschritten hätte. Vielleicht erzählt uns die NSA auch, was er im Internet so macht. Irgendetwas findet man bei jedem, wenn man nur lange genug sucht.

Ein Leben aus einem Guss

Außer bei Jesus. Da haben sie alles Mögliche probiert, um ihn unglaubwürdig zu machen oder ihm etwas anzuhängen, aber es hat nicht geklappt. Sein Leben war aus einem Guss, es spiegelte das göttliche Licht wider, es war voller Liebe, es gab keine geheimen Leichen im Keller.

Und dieses Leben strahlt aus bis in die Leben der Nachfolger Jesu. Interessanterweise heißt es hier von den Christen, dass sie den Satan besiegt haben, und zwar durch das Blut des Lammes, also durch die Energie des Todes Jesu. Das Leben Jesu erreicht die ganze Welt durch seine Nachfolger. Die Christen haben mit dieser Energie gelebt und waren bereit, äußerstenfalls dafür auch zu sterben. Und dagegen kam der Teufel nicht an. Das hat die Menschen damals enorm beeindruckt, dass die Christen sich auch vom Tod nicht schrecken ließen. In der korrupten Welt des römischen Imperiums war das ein unübersehbares Signal. Im Vergleich zu der hingebungsvollen Liebe der Christen zogen alle anderen Werte den Kürzeren. Die waren nicht perfekt, wir sind nicht perfekt, aber sie waren deutlich anders, und es ist schon wichtig, dass wir auch deutlich anders sind als andere.

Die Zerstörung der Werte

Bis dahin hatten die Menschen siegreiche Heerführer angehimmelt, sie hatten Macht und Stärke bewundert. Solchen Superhelden baute man Tempel, man stellte ihre Standbilder auf, und das höchste Ziel war es, unsterblichen Ruhm durch große Taten zu erringen. Aber jetzt vollzog sich ein Wertewandel, und die kleinen Gruppen der realen Nachfolger Jesu begannen, diesen fiktiven Superhelden den Rang abzulaufen.

Das hat noch lange gedauert, bis das auch deutlich sichtbar wurde. So wie es eine ganze Zeit dauert, bis die schneller laufenden Förderbänder am Hochofen die Temperatur im Innern runterkühlen. Aber als die ersten Christen in der Kraft Jesu zu leben begannen, da war etwas in die Welt gekommen, was in sich stärker und gesünder war als alles andere. Und es hatte das Potential, die Welt auch real zu unterwandern.

Der Drache in Panik

Der Drache, der Teufel versteht das, und er versucht mit allen Mitteln, das Steuer noch herumzureißen. Man bekämpft neue Gedanken, indem man die Träger dieser Gedanken ausrottet. Manchmal klappt das. Und so verfolgt er die Frau, die Jesus hervorgebracht hat. Dazu scheint er sogar in die Vergangenheit zurückzugehen – aus Filmen kennen wir den Trick ja.

Wie wir schon früher mal gesehen haben, ist mit der Frau hier nicht Maria, die Mutter Jesu, gemeint, sondern Israel, das als Ganzes Jesus hervorgebracht hat. Und der Angriff des Drachen auf die Frau wird beschrieben mit Erinnerungen an die Flucht Israels aus der Sklaverei in Ägypten: der Drache spuckt nicht Feuer, sondern Wasser (das geht bei Drachen eigentlich gar nicht), so wie sie damals auf der Flucht vor den Ägyptern durch das Meer hindurch mussten. Aber die Erde schluckt das Wasser, so wie Gott Israel damals durch Naturereignisse geschützt hat. Die Erde ist keine neutrale Bühne, sondern sie ist mit Gott im Bund. Sie greift eigentlich nicht aktiv ein, das ist nicht ihre Aufgabe, aber sehr selten tut sie es doch (Für alle, die den »Herrn der Ringe« kennen: da greifen in einem entscheidenden Moment auch die Bäume bzw. die Ents in den Kampf ein).

Und schließlich bekommt die Frau Adlerflügel und wird eine Zeitlang in der Wüste beschützt. Auch das ist eine Erinnerung daran, wie Gott am Berg Sinai zum befreiten Volk sagt: ich habe euch auf Adlersflügeln hierher gebracht. Man merkt, wie das hier alles mit biblischen Farben gemalt ist. Die Reihenfolge der Zeiten kommt ein bisschen durcheinander. Im Himmel laufen die Uhren eben anders als auf der Erde.

Gewalt als verzweifeltes Mittel

Als der Drache merkt, dass er Jesus nicht verhindern kann, indem er seine Vorgeschichte zerstört, wendet er sich seinen Nachfolgern zu. Er führt Krieg gegen die Christen. Die kleinen christlichen Gemeinschaften, an die Johannes schreibt, wissen nur zu gut, wie das aussieht. Sie erleben dauernd Angriffe und Verfolgung. Und deshalb sollen sie wissen: das ist ein Zeichen der Schwäche des Bösen. Wenn er obenauf wäre, müsste er nicht so wütend sein. Aber weil er schon in die Enge getrieben ist, deshalb entwickelt er enorme Energie. Er tritt ans Meeresufer. Das wird jetzt ziemlich gefährlich. Wir wissen das von Godzilla, dass alle schrecklichen Monster aus dem Meer kommen. Was wird jetzt den dunklen Wellen entsteigen? Darum geht es nächste Woche!

Schreibe einen Kommentar