Der Kern des Fundamentalismus

Vier Überzeugungen, die sich mit christlichem Glauben beißen

Daniel Ehniss schreibt hier etwas über die Wurzeln des Fundamentalismus. Gut, wenn man erfährt, wie Gedanken einmal angefangen habe, die heute weit verbreitet sind – vielleicht noch nicht einmal als klare Theorie wie in den Anfängen, sondern als Mentalität. Der Kern der fundamentalistischen Grundhaltung sind nach seiner Zusammenstellung folgende Punkte:

1) die buchstäbliche Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift und die unbeirrbare Gewissheit, dass die Heilige Schrift keinen Irrtum enthalten könne;

2) die Nichtigkeit aller modernen Theologie und Wissenschaft, soweit sie dem Bibelglauben widersprechen;

3) die Überzeugung, dass niemand, der vom fundamentalistischen Standpunkt abweicht, ein wahrer Christ sein könne, und

4) die Überzeugung, dass die moderne Trennung von Kirche und Staat immer dann zugunsten einer religiösen Bestimmung des Politischen aufgehoben werden muss, wenn politische Regelungen mit fundamentalen religiösen Überzeugungen kollidieren.

Damit besteht Fundamentalismus eigentlich aus zwei Elementen: der Absolutsetzung eines Heiligen Buches und der Überzeugung, dass die dort gefundenen  Wahrheiten nicht verhandelbar, sondern inner- wie außerkirchlich notfalls mit politischen bzw. Machtmitteln durchgesetzt werden müssen (erinnert mich das nicht an eine andere große Weltreligion? welche war das bloß nochmal?).

Wenn man nun berücksichtigt, dass jedes noch so heilige Buch immer durch eine interpretierende Brille gelesen wird, die das Verständnis vorgibt (wobei die Interpreten regelmäßig ihre jeweilige Interpretation mit der Wahrheit selbst gleichsetzen), dann besteht Fundamentalismus letztlich in der Erlaubnis/Aufforderung, das eigene Weltbild bei günstiger Gelegenheit dem Rest der Welt aufzuzwingen.

Wundert sich da jemand noch über den nervigen Denk-, Argumentations- und Umgangsstil der entsprechenden Vertreter?

Ja, in der Tat, dagegen ist christlicher Widerstand geboten. Eigentlich müsste jeder, der Jesus ein bisschen kennt, schon über diesen humorlosen, verbissenen Denkstil den Kopf schütteln. Aber um es auch mal thetisch zu sagen: keiner von den vier Grundsätzen (auch der erste nicht, u.a. weil dabei nicht zwischen Gottes Wort und meinem Verständnis von Gottes Wort unterschieden wird) ist ein legitimer christlicher Grundsatz. Wir kriegen in den Medien Prügel für etwas, was uns andere Leute eingebrockt haben. Oder hat sich etwa irgendwer aus dem Volk Gottes auch daran beteiligt??

Dieser Beitrag hat 19 Kommentare

  1. [depone]

    freue mich sehr das hier zu lesen und stimme in den chor des widerstandes ein.

  2. petersemenczuk

    Christus hat seinen Jüngern wie uns allen heute,
    Keine Buch-Religion noch eine Buch-Theologie gestiftet
    und eingeführt sondern, die Heiliger Geist Theologie!
    Johannes Kapitel 14, 16-23/Kapitel 15,/16,17,

    Wer den Heiligen Geist empfangen hat, ist mit dem „GEN“
    des lebendigen Gottes infiziert und erfüllt,
    und so lebt nach dem Heiligen Geist und dem Wort Gottes,
    das in ihm wohnend ist.
    Wer den Heiligen Geist Gottes in seinem Innern wohnend hat,
    der hat auch das wahre Wort Gottes in seinem Innern wohnend,
    welcher ist Christus und kein Buchstabe der Bibel.
    Als die Jünger Jesu, mit dem Heiligen Geist zu Pfingsten erfüllt wurden, da zogen sie aus und predigten das Wort Gottes allen Menschen, die sie hören sollten oder wollten.
    Sie nahmen nicht das Alte Testament in die Hand, und sagten zu ihren
    Zuhörern:“Nun lasset uns das Wort Gottes hören“,
    wie es bis heute, die von Christus genannten „Mietlinge, Blinde Blindneleiter, falsche Propheten, Wölfe im Schafspelz und die Antichristen“ machen,
    1.die weder von Gott/Christus berufen wurden,
    2.die weder von Christus zubereitet wurden in der Theologie und Gotteslehre des lebendigen Gottes und durch den Heiligen Geist,
    3.die weder wiedergeboren, erwählt und mit dem dreifachen Zeugnis Gottes gesalbt und legitimiert wurden zu dem geistigen Amt.
    Johannes Kapitel 3, /1. Johannesbrief Kapitel 5, 6-12 /4, 2-6
    CHRISTUS hat zu allen Menschen dieses gesagt, nicht nur zu den damaligen „frommen“ Sünder aus den Juden:
    „ICH bin die Tür zum christlichen Werden und zu dem geistlichen Amt,
    Wer woanders einsteigt, z. B. durch eine hausgemachte Theologie in den bereits von Gott abgefallenen Religionen, Kirchen, Tempeln, Gemeinden und Sekten, die auch nur im Gruppen und Partei- Geist
    predigen den von ihnen ausgeliehenen Buchstaben der Bibel,
    die sind Diebe und Mörder! Johannes Kapitel 10,1-9
    (Nach der Apologie des Verfassers)
    Wie das Blut/Gen eines neugeborenen Kindes, ihn mit seinem Vater und Erzeuger verbindet und ihn zum erben berechtigt einst,
    Gleich so, ist der Heilige Geist, der Geist Gottes und der Wahrheit, den der Mensch bei seiner Wiedergeburt für Gott und seinem Reich empfängt in sein Inneres und Bewusstsein, das GEN seines geistigen Vater und Gott, das ihn berehctig einst, mit Christus zu erben!
    Peter Semenczuk,
    Autor und Herausgeber christlich-theologischer Publikationen im Intenrnet und Selbstverlag.UMSONST, wie Christus seinen Jüngern geboten hat!

  3. tiefebene

    Hallo Peter,
    was willst du eigentlich mit vielen Worten sagen, und vor allem: was hat das mit diesem Post zu tun?

  4. Charlotte

    Genau das dachte ich auch, Peter.
    Charlotte

  5. Charlotte

    Ich meine, dass ich den Zusammenhang zum Post nicht sehe und auch nicht den roten Faden bei dir

  6. beisasse

    ich fühl mich da etwas unwohl: wird hier etwa verantwortung nicht wahrgenommen? da wird (christlicher) fundamentalismus als etwas hingestellt, was „andere“ (unbekannte?) sich ausgedacht haben, aber christen seien niemals (?) daran beteiligt gewesen? – ich erinnere mich mit scham daran, wie überzeugt fromm ich als teenager war und andere christen abqualifiziert habe, die an meinem freikirchlichen provinzialismus nicht interessiert waren. doch doch, ich denke schon, dass ich selbst auch mit ein teil dieser perfiden mentalität war. jetzt bin ich ganz woanders. aber vielleicht sollte ich mich in einem klaren (öffentlichen?) (buß-?)akt von dieser mentalität distanzieren?

  7. tiefebene

    @beisase: Also, durch einige meiner Formulierungen sollte natürlich ein Hauch Ironie wehen, aber durchaus mit ernstgemeintem Hintergrund. Ich denke, wir müssen dahin kommen, dass wir von diesen fundamentalistischen Einflüssen wirklich getrennt sind, damit wir mit gutem Gewissen sagen können: so sind wir nicht. Zuerst müssen wir uns das selbst glauben. Solange wir uns das immer noch irgendwie zurechnen (lassen), und sei es, weil wir nicht hochmütig sein wollen, kommen wir nicht aus dem Schatten des Fundamentalismus-Verdachts heraus.
    Das kann für den Einzelnen tatsächlich auch einen Bußakt bedeuten (und man sollte die Wirkung nicht unterschätzen, wenn einer glaubwürdig sagen kann: Jesus hat mich von christlich gefärbtem Fundamentalismus befreit, aber deswegen bin ich noch längst nicht liberal geworden). Wobei ich mich nicht getraue, für andere zu entscheiden, was für sie richtig ist. Vielleicht kann es auch für Gemeinden oder Denominationen die Notwendigkeit geben, deutlich auszusprechen, dass da etwas falsch gelaufen ist.
    Aber es geht natürlich nicht darum, sich klein und schuldig zu fühlen, sondern eben: deutlich zu machen, dass man sich von diesem Erbe trennt und dann in Zukunft frei ist, zu sagen: das sind die anderen, nicht (mehr) wir.

  8. beisasse

    paul tillich hat mich vom fundamentalismus befreit und ich bin seitdem nicht mehr rückfällig geworden. selbst der anklang evangelikaler und pietistischer sprache löst alarmglocken bei mir aus. („liberal“ sein ist auch okay, oder?) wäre ich zwanzig jahre älter wäre ich ein typischer leser der linkskatholischen zeitschrift „publik forum“.

    danke für deine erläuterung! was für ein humorloser mensch ich war, die ironie nicht zu bemerken. (vielleicht bin ich ein zu sehr gebeutelter fundamentalistischer mentalität. man könnte sagen, sie hat einen wesentlichen teil meines lebens und meiner persönlichkeit weggesprengt. da ist jetzt nur noch ein krater, wo nix mehr wachsen kann.)

  9. tiefebene

    Ist schon eine spannende Sache, wenn man sich nur übers Web kennt und dann erst so nach und nach entdeckt, wie die anderen denken. Und was für Geschichten mit all den Begriffen verbunden sind.
    Aus Kratern können auch schöne Seen werden. Hoffentlich laufen wir uns auch mal in Natura über den Weg!

  10. Peter

    die Darstellung ist meiner Meinung aber nicht richtig
    „die buchstäbliche Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift“

  11. petersemenczuk

    Ich war schon fast fertig mit meinem Kommentar,
    doch plötzlich war er durch einen technischen Vorgang bei mir,
    weggelingt worden.
    Ich komme wieder, sobald der Wind weht! Peter Sem.

  12. peter herzog

    Fundamentalisten sind Christen, welche Jesus vorausgehen anstatt ihm nachzufolgen. Sie bemühen sich, das Reich Gottes durch ihre eigenen Anstrengungen aufzurichten. Das ist eine Beobachtung, die ich oft mache. Es ist ihr Werk, nicht Gottes Werk. Und das kann nicht funktionieren. Das Fleisch ist untauglich, Gottes Werke zu tun. Sicher ist die Bibel Gottes Wort, sicher ist sie in sich unfehlbar. Aber wir wissen, dass der Buchstabe tötet. (Man muss diese Wahrheit erlebt haben, um sie nachzuvollziehen). Gott ist Geist, Sein Wort ist Geist und kann nur von den Menschen richtig umgesetzt werden, die im Geist wandeln. Und im Geist wandeln kann man nur, wenn man eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus hat. Ein Fundamentalist geht seinen Weg, während Gottes Wege weit über unsere eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten hinausgehen. Und über allem herrsche Gottes Liebe durch uns, die wir Seine Briefe sind! Es ist nicht viel mehr erforderlich. Wer in Christus ist, lebe es aus. DAVON werden Menschen angesteckt. Nicht einmal das ist unser Werk, sondern das des Heiligen Geistes. Ich will Fundamentalisten weder etikettieren noch richten, denn sie diskreditieren sich durch ihre Haltung selbst, denke ich.

  13. Thorsten

    Also ich denke, Fundamentalismus ist nichts schlimmes. Fundamentalismus bedeutet, dass man ein Fundament hat, nämlich Jesus.

    Es gibt sog. Christen, die radikal sind, aber nicht fundamentalistisch!

    Ich bin gerne fundamental – aber nicht radikal. Und fundamental
    bedeutet m. E. nicht, die Bibel wortwörtlich zu nehmen u.s.w.

    Früher war das Wort Fundamentalismus sogar ein positives, bis die
    Medien es „in den Dreck“ zogen.

  14. Walter

    Naja, es ging mir schon um Fundamentalismus im oben beschriebenen Sinn, und den finde ich schlimm. Daniel Ehniss hat die Vorgeschichte des Wortes ja gut herausgearbeitet. Man kann Begriffe nicht nach Gusto mal schnell umdefinieren.
    Auch sprachliche Ableitungen können nicht die tatsächliche Geschichte eines Begriffes ersetzen. Die Kommunisten würden sich zu Recht missverstanden fühlen, wenn man sie mit Hinweis auf das lateinische communis = gemeinsam als Leute beschreiben würde, die einfach gern mal zusammen was unternehmen.

  15. Thorsten

    Den Sinn der Aussagen in der Bibel darf man nicht infrage stellen.

    So kann man durchaus darüber diskutieren, ob es heißt:“Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, …“ oder „Eher geht ein dickes Tau durch ein Nadelöhr, …“. Das verändert nämlich nicht den Sinn der Botschaft.

    Aber wenn behauptet wird, Jesus ist nicht stellvertretend für uns ans Kreuz gegangen (wie es Pfr. Burkhard Müller aus Bonn in den WDR-Andachten behauptete), dann verändert es den Sinn. Und dann ist es mehr als wichtig und richtig, den stellvertretenden Kreuzestod fundamental zu verteidigen!

    In der Kulturzeit auf 3Sat wurde vor einer halben Stunde behauptet,
    alle Evangelikalen sind Fundamentalisten im Sinne des Artikels oben. Das stimmt aber nicht. Die Evangelische Allianz sieht z.B. auch, dass die Bibel nicht wortwörtlich genommen werden muss, sondern dass der Sinn stimmen muss. Somit ist die Bibel unfehlbar in ihrem Sinn und nicht mit jedem Buchstaben.

  16. Walter

    Aber wer entscheidet, was „der Sinn der Aussagen in der Bibel“ ist, den man nicht infrage stellen darf?

  17. Thorsten

    Eine elementare Aussage des Christentums ist nun mal der Glaube am
    Sühneopfer Jesu und nicht, dass es ein Selbsopfer war.

    Viele Wissenschaftler versuchen heute, alles zu hinterfragen, was
    seit Jahrhunderten Grundlage des christlichen Glaubens ist. Ich rede hier nicht von so Aussagen wie das bereits erwähnte Kamel bzw.
    Tau im Nadelöhr.

    Wenn alles nur hinterfragt wird und alles erklärbar sein soll, dann haben wir bald nur noch einen Jesus, der ein Sozialheld war und einfacher Mensch. Denn das kann das menschliche Hirn verstehen.

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